Seidenstraßen-Gipfel in Peking: Ehrgeiziges eurasisches Entwicklungsprojekt nimmt Gestalt an

16. Mai 2017
Seidenstraßen-Gipfel in Peking: Ehrgeiziges eurasisches Entwicklungsprojekt nimmt Gestalt an
International
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Foto: Symbolbild

Peking. China konnte mit dem „Seidenstraßen-Gipfel“, der am Wochenende in Peking stattfand, sein ambitioniertestes Projekt voranbringen und wichtige politische Akzente setzen. 29 Staats- und Regierungschefs und Minister aus 110 Ländern waren auf Einladung des chinesischen Staatschefs Xi Jinping in die chinesische Hauptstadt gekommen. Xi äußerte sich in seiner Ansprache an seine Gäste indirekt auch über die geopolitischen Risiken der chinesischen Initiative und ihr instabiles Umfeld. Viele Teile der Seidenstraße, in denen einst „Milch und Honig flossen”, seien heute Krisengebiete „voller Aufruhr”. Diese „Brennpunkte müßten politisch entschärft werden.”

Nichtsdestotrotz hielt Xi seine 2013 aus der Taufe gehobene Idee, Chinas historische Handelswege zu Wasser und zu Meer wiederzubeleben, für ein „Jahrhundertprojekt.” Peking will Eurasien und Afrika wirtschaftlich neu vermessen und infrastrukturell voranbringen. Der Weltwirtschaft soll daraus ein neues Konjunkturprogramm erwachsen.

Ungeklärt sind allerdings zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Milliardenprojekts. Währungsfonds-Chefin Christine Lagarde bezifferte auf dem Gipfel den Betrag, allein um die Infrastruktur-Kluft der Entwicklungsländer in Asien und Afrika zu überbrücken, auf jährlich 1,5 Billionen US-Dollar. Der chinesische Statistikchef Ning Jizhe führte aus, daß Chinas Staatsunternehmen seit 2013 mehr als 50 Milliarden US-Dollar in Staaten hineinpumpten, die zu den 56 Ländern der Seidenstraßen gehörten. 50 der insgesamt 102 staatlichen chinesischen Großkonzerne, die für 70 Prozent aller Auslandsinvestitionen verantwortlich sind, investierten in 1.700 Projekte in Seidenstraßenländern, legte der zuständige Generalaufseher für Staatsindustrie Xiao Yaqing dar.

Die bereits erreichten Fortschritte können sich aber sehen lassen. Gebaut wurden bisher Frachtbahnlinien bis nach Europa, Zugsysteme in Afrika, wie die 750 Kilometer-Strecke von Äthiopien nach Djibouti. Weitere afrikanische und asiatische Zugverbindungen sind im Bau, von Mombasa nach Kenias Nairobi, ebenso von China nach Laos und Thailand. Auch zahlreiche Hafenprojekte rund um die eurasische Landmasse – von Sri Lanka, Griechenlands Piräus, Pakistans Gwadar bis Djibouti – liegen im Zeitplan.

Zugleich investierten chinesische Konzerne in 60 Energie-Projekte in 20 Seidenstraßen-Staaten, darunter in den Bau von Öl-und Gaspipelines von Rußland und Kasachstan. In Pakistan errichtet China den größten unter den sechs entlang der Seidenstraße geplanten Wirtschaftskorridoren. Eine mehr als 10.000 Mann starke Armee schützt Chinas Arbeiter, Ingenieure und seine Projekte vor Terroranschlägen.

Peking will die „Neue Seidenstraße“ längst nicht mehr nur als Weg nach Eurasien oder Afrika verstanden wissen, sondern setzt mittlerweile auf weltweite Entwicklungsimpulse. Die chinesische Regierung betrachte ihre Seidenstraßen-Initiative als Projekt der internationalen Zusammenarbeit, hatte Außenminister Wang Yi schon im April erklärt.

Im 2015 offiziell vorgelegten Aktionsplan zur Seidenstraße waren noch drei Landrouten eingezeichnet. Die nördliche führt durch Zentralasien, Rußland und die Ostsee bis nach Europa. Die mittlere verbindet China mit dem Persischen Golf und dem Mittelmeer. Die südliche verläuft über Südostasien zum Indischen Ozean. Auch zwei Meeresrouten gehören zur Seidenstraße.

Die wichtigste finanzpolitische Zeitschrift Chinas „Caixin” zog jüngt eine nüchterne Zwischenbilanz. Die „Neue Seidenstraße“ sei ein „ehrgeiziges Programm, ein Infrastrukturnetz aufzubauen, um China mit dem energiereichen Zentralasien, Europa und Afrika zu verbinden. Zugleich geht es auch um Chinas Absichten, seine Überschüsse an Stahl, Zement und anderen Schwerindustrie-Produkten zu exportieren. Sie müßten mit ihren Überkapazitäten fertig werden, nachdem sie ihre Produktion aufgrund massiver Staatssubventionen jahrelang ausgedehnt hatten.” (mü)

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