Ankara/Wien/Berlin. Die türkische Regierung setzt die Europäer schon mit dem nächsten Referendum unter Druck. Der türkische Präsident Erdogan kündigte nach dem erfolgreichen Volksentscheid vom 16. April mehrfach an, eine Abstimmung über die Todesstrafe abhalten zu wollen. Für die EU-Kommission wäre das „nicht nur eine rote Linie, sondern die röteste aller roten Linien”, wie ein Sprecher bereits Mitte April erklärte.
In Österreich möchte in diesem Fall Außenminister Kurz (ÖVP) die Abhaltung einer solchen Volksabstimmung untersagen. Das erklärte das Büro des Ministers am Freitag. Das Ministerium beruft sich dabei auf eine Expertise seines Völkerrechtsbüros. Demnach räume das Völkerrecht einem Staat die „Möglichkeit ein, aufgrund seiner territorialen Souveränität die Durchführung eines ausländischen Referendums auf seinem Staatsgebiet zu untersagen”, wie es heißt. „Die geplante Einführung der Todesstrafe wäre jedenfalls ein berechtigter Grund für einen solchen Schritt”, heißt es aus dem Kurz-Büro.
Auch aus Deutschland sind ähnliche Töne zu hören. So heißt es in einem Gutachten des Bundestages, daß das „Entscheidungsermessen der Bundesregierung” an rechtliche Grenzen stoßen könnte, „wenn die Genehmigung eines Referendums in Rede steht, in dem über Fragen abgestimmt werden soll, welche die unverbrüchlichen verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Rechtsstandards und Werte zur Disposition stellen”. Im Fall eines Referendums über die Einführung der Todesstrafe „ließe sich über eine Versagungspflicht der Bundesregierung” diskutieren, heißt es in dem Papier.
Auch in Deutschland soll mithin ein entsprechendes Votum nicht stattfinden dürfen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag, es sei „politisch nicht vorstellbar, daß wir einer solchen Abstimmung in Deutschland über eine Maßnahme, die unserem Grundgesetz und europäischen Werte klar widerspricht, zustimmen würden”. Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach sich dafür aus, die Beteiligung an dem Referendum zu untersagen. „Wir können nicht in Deutschland über ein Instrument abstimmen lassen, das unseren Werten und unserer Verfassung widerspricht”, erklärte er im „Spiegel”.
Der Haken daran: bei der Durchsetzung eines Verbots wären Deutschland und Österreich auf die Türkei angewiesen. Im deutschen Gutachten heißt es dazu: „Würde in einer Auslandsvertretung ohne Zustimmung des Empfangsstaates eine Wahl durchgeführt, ließe sich diese indes nicht ohne weiteres unterbinden.” Denn: diplomatische oder konsularische Räumlichkeiten genießen den Schutz der Unverletzlichkeit. Die Gastländer dürften deshalb zum Beispiel nicht mit Polizeikräften in türkische Konsulate eindringen, um die Abhaltung einer Abstimmung zu verhindern – auch wenn diese den „Werten“ der EU widerspricht. (mü)
Das Referendum wird auf deutschem Staatsgebiet in den exterritorialen Bereichen stattfinden. Und die Mehrheit der türkischen Hierlebenden einschließlich Doppelstaatler wird sich für die Einführung der Todesstrafe – die türkischen Staatsbürger in der Erdogan-Türkei mehrheitlich sowieso – entscheiden.
Und die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sowie die Heranführungszahlungen an die Türkei zwecks dem zuvörderst von der EU gewollten EU-Beitritt werden weitergehen, sofern Erdogan selbst sie nicht beendet.
Wollen wir wetten?
Habe leider im ersten Satz einen Widerspruch in sich produziert. Richtig muß es heißen: „… in den exterritorialen Bereichen des deutschen Staates …“
Schwache Hoffnung: Vielleicht merken ja doch wieder ein paar wenige Leutchen mehr, wieviel es schon längst geschlagen hat. Hoffen wird man ja wohl noch dürfen.