Seit Freitag können Sie die April-Ausgabe des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST! im Zeitschriftenhandel erwerben. Der Kommentar unseres Kolumnisten Manfred Kleine-Hartlage beschäftigt sich diesmal mit dem in der Türkei inhaftierten türkischstämmigen Welt-Journalisten Deniz Yücel und dem Eintreten der deutschen Medien- und Politiklandschaft für die Freilassung dieses fragwürdigen Pressevertreters.
Lesen Sie nun exklusiv den Kommentar aus der aktuellen Ausgabe von ZUERST!
Unter allen Staatschefs dieser Welt dürfte Recep Tayyip Erdogan einer der unsympathischsten sein. Nicht nur, weil er ein islamistischer Diktator ist: Das mag uns anwidern, ist aber letztlich nicht unser Problem, solange er sein Unwesen in der Türkei treibt, in die kein Deutscher sich begeben muß, wenn er nicht will.
Was ihn in den Augen vieler Deutscher – Pardon: vieler, „die schon länger hier leben“ (Merkel) – so unsympathisch macht, ist, daß er die rüde Beschimpfung und sogar Erpressung europäischer Regierungen, vor allem der deutschen, zu einer der Lieblingsmethoden seiner Politik erhoben hat.
Muß man da nicht als guter Patriot „unserer“ Regierung die Stange halten? Insbesondere, wenn sie sich für ein so hohes Gut wie die Meinungsfreiheit einsetzt (wenn auch leider nicht in dem Land, in dem sie dafür zuständig wäre, nämlich dem eigenen)? Und erst recht, wenn sie sich für die Freilassung eines deutschen Journalisten oder gar „deutschen Patrioten“ (Gabriel) Deniz Yücel einsetzt, der nun als Märtyrer der Pressefreiheit durch die vor Anteilnahme nur so bebenden Artikel seiner Kollegen geistert?
Nein, das muß man nicht.
Erdogan, um damit zu beginnen, erpreßt nur solche Regierungschefs, denen die Aufforderung „Erpreßt mich!“ auf der Stirn geschrieben steht. Und da es seine Aufgabe ist, die Interessen der Türkei zu vertreten, würde er geradezu seine Pflicht verletzen, wenn er etwas anderes täte.
Zweitens ist ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland, in dem man schon ins Gefängnis geworfen werden kann, wenn man das Wort „Neger“ ausspricht oder sich weigert, seine Kinder am Sexualkundeunterricht teilnehmen zu lassen, in einer denkbar schwachen Position, wenn es die Freilassung eines Journalisten erzwingen will, dem nicht mehr und nicht weniger als die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird. Es ist bezeichnend für die selbstgerechte Wir-dürfen-alles-Mentalität des deutschen Medien-Establishments, daß es nicht einmal versucht, diesen Vorwurf mit Argumenten zu widerlegen.
Drittens kalkuliert Erdogan genau, wie weit er gehen kann. Einen deutschen Journalisten ohne türkischen Zweit- oder vielmehr Erstpaß einzusperren, könnte er sich nicht leisten, und wir müssen annehmen, daß er es wahrscheinlich auch nicht getan hätte. Yücel säße nicht in einem türkischen Gefängnis, wenn er seinen türkischen Paß beizeiten abgegeben hätte, als er Bürger unseres Landes wurde. Indem sie ihm ihren Paß in die Tasche gestopft hat, ohne ihm den türkischen wegzunehmen, hat die Bundesrepublik Deutschland sich verpflichtet, Yücel gegebenenfalls konsularischen und diplomatischen Schutz zu geben. Sie hat sich verpflichtet, ihn genauso zu behandeln wie jeden anderen ihrer Bürger. Sie hat aber nur sich selbst dazu verpflichtet, Yücel als Deutschen zu betrachten, niemanden sonst: Ihre Bürger kann sie nicht dazu zwingen.
Deniz Yücel säße auch in Deutschland im Gefängnis, wenn er seine Haßpredigten („Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite“) statt gegen das deutsche Volk gegen irgendein anderes gerichtet hätte, das hierzulande als ethnische Minderheit vertreten ist. Er konnte seine vulgären Tiraden nur deshalb ungestraft hier veröffentlichen, weil eine gewisse Perversion juristischen Denkens in unserem Land zu einer Rechtsprechung geführt hat, wonach der Volksverhetzungsparagraph die Würde und Existenz jeder anderen ethnischen Gruppe schützt, nur nicht die der Deutschen.
Es ist nicht per se ein solidaritätswürdiges Verdienst, den Haß von Islamisten zu erwecken: 2015 Charlie Hebdo, 2016 Jan Böhmermann, 2017 Deniz Yücel – ein Gossenblatt, ein Mainstream-Kabarettist von nur im ZDF möglicher Witzischkeit und nun ein Deutschenhasser: Der Feind meines Feindes ist nicht mein Freund.
Deniz Yücel verkörpert ideal den scheinintegrierten Vorzeigemigranten, einen Typus, der unsere Talkshows bevölkert und schon deshalb als „integriert“ gilt, weil er seine Verbalbeiträge zum Untergang unseres Landes in grammatisch korrektem Deutsch zu formulieren versteht. Und natürlich, weil er sich in eine politische Linke integriert hat, die ihr Ziel, eine Art kalten Genozid am eigenen Volk zu verüben, nicht etwa verhehlt, sondern sich seiner rühmt. Der Unterschied zwischen solchen stammdeutschen Linken und Yücel ist nicht ideologischer Natur. Er besteht darin, daß die einen von Geburt an Deutsche sind. Man muß sie ertragen, denn man kann sie nicht ausbürgern. Einen Yücel dagegen hätte man gar nicht erst einbürgern dürfen.
Manfred Kleine-Hartlage ist freier Publizist.
Vielen Dank Herrn Hartlage und auch dem ZUERST!-Nachrichtendienst für diese wunderbare Klarstellung!