London. Mit der EU-kritischen britischen UKIP, die mit dem Brexit ihr wichtigstes politisches Ziel erreicht hat, geht es seither abwärts. Jetzt hat der einzige UKIP-Abgeordnete im britischen Unterhaus, Douglas Carswell, die Partei im Streit verlassen.
Zwischen Carswell und der Parteiführung soll es schon länger gebrodelt haben. So beschuldigte UKIP-Mitbegründer Nigel Farage – der inzwischen seinerseits vom Posten des Parteichefs zurückgetreten ist – Carswell, er drücke die Partei allzu sehr in Richtung Mainstream. Der Angegriffene wiederum nannte die Partei angesichts interner Querelen einen „hoffnungslosen Fall“.
Aus diesem Befund zog Carswell jetzt die Konsequenzen und trat aus. Seine Kritiker kommentieren den Schritt mit der Bemerkung, er sei damit einem Parteiausschluß nur zuvorgekommen.
Carswell will, wie das in solchen Fällen üblich ist, als unabhängiger Abgeordneter im Parlament bleiben und sein Mandat behalten. Er war 2014 von der konservativen Tory-Partei zur UKIP gekommen – eingestandenermaßen mit einem Ziel: dazu beizutragen, daß Großbritannien aus der EU austritt. Dieses Ziel sieht er nun erreicht. Wie Medien berichten, sagte er im Freundeskreis, Premierministerin May „mache diesen Job ganz hervorragend“.
Beobachter schließen nicht aus, daß Carswell jetzt zu seiner alten Partei zurückkehrt und 2020 zur Parlamentswahl wieder als Tory-Abgeordneter antritt. Bei seinem Abschied von der UKIP räumte er jetzt offen ein: „Wie so viele von Euch bin ich zur UKIP gewechselt, weil ich dringend wollte, daß wir die EU verlassen.“ Nun könne man sicher sein, daß das passiere, weshalb er sich entschieden habe, die Partei zu verlassen. (mü)
Man sollte diesen Fall wirklich nicht überbewerten, in Großbritannien ticken die politischen Uhren nun mal anders. Überdies kam es in der Geschichte der demokratischen Parteien sicherlich schon öfter vor, daß eine Partei, die ihr (einziges) politisches Ziel erreicht hatte – das „I“ in UKIP steht für ‚Independence‘ = Unabhängigkeit (von der EU) -, in innerparteiliche Streitigkeiten geriet.
Und daß Parteimitglieder nach Erreichen dieses Ziels – siehe den ehemaligen Parteichef Nigel Farage – ihre Partei verlassen, ist auch nicht neu. Haben sie zudem ein Parlamentsmandat, behalten sie es in der Regel, wofür es im Deutschen Bundestag etliche Beispiele gibt, wie unlängst Erika Steinbach (bisher CDU). Ob die UKIP bei den nächsten Unterhauswahlen genügend Stimmen erhält, um ins Parlament einziehen zu können, halte ich für äußerst ungewiß.