Washington/Berlin. Der Stabwechsel im Weißen Haus bringt auch die Sanktionspolitik des Westens gegenüber Rußland aus dem Tritt. Denn niemand weiß, ob die neue US-Regierung unter Donald Trump die Boykottpolitik fortsetzen will, auf die Washington die Europäer im Frühjahr 2014 eingeschworen hat.
Die Rußland-Sanktionen werden am heutigen Freitag auch Thema der Gespräche zwischen dem scheidenden US-Präsidenten Obama und fünf europäischen Regierungschefs sein. Obama trifft sich in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsidenten François Hollande, dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, dem spanischen Regierungschef Mariano Rajoy und der britischen Premierministerin Theresa May.
Zwar erklärte der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew am vergangenen Freitag mit Blick auf die westlichen Sanktionen, daß auch mit Donald Trump keine Abkehr von dieser Linie des Westens zu erwarten sei. Doch ein deutscher Diplomat sieht das anders: „Wir müssen eine Situation vermeiden, in der die EU die Sanktionen verlängert und dann ein neuer US-Präsident sie aufhebt.“
Die während des Ukraine-Konflikts im Frühjahr verhängten Sanktionen der EU gegen Rußland sind noch bis zum 31. Januar 2017 in Kraft. Sie müßten Ende 2016 verlängert werden, damit sie nicht auslaufen. Frankreich und Deutschland gelten derzeit als strikteste Befürworter einer Verlängerung.
Allerdings mehren sich die Gegenstimmen. Der Rußland-Experte der Bundesregierung, Gernot Erler, warnte ausdrücklich vor neuen Sanktionen. Auch in der Wirtschaft ist der Rußland-Boykott, der deutschen Firmen Milliardenverluste beschert hat, umstritten. Ob und wie es mit den Rußland-Sanktionen weitergeht, wird sich nun womöglich schon am Freitag zeigen. (mü)