Ankara. Der türkische Präsident Erdogan setzt offenbar selbst keine großen Hoffnungen mehr auf einen EU-Beitrittsprozeß. Jetzt möchte Erdogan nämlich das Parlament über die Wiedereinführung der Todesstrafe entscheiden lassen – und nimmt dabei in Kauf, daß die Beitrittsverhandlungen daraufhin von Brüssel abgebrochen werden.
Bei einer Kundgebung in Ankara kündigte Erdogan am Samstag an, die Regierung werde den Abgeordneten einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Er sei überzeugt, daß die Abgeordneten für die Todesstrafe stimmen werden. „Und ich werde sie ratifizieren“, sagte Erdogan.
Schon unmittelbar nach dem gescheiterten Umsturzversuch im Juli hatte Erdogan die Wiedereinführung der Todesstrafe in Betracht gezogen. Die EU warnte daraufhin wiederholt, daß ein solcher Schritt ein Ende der 2005 begonnenen Beitrittsverhandlungen bedeuten würde. Diese Warnungen wischte Erdogan in seiner Rede nun beiseite: Die „Kritik des Westens zählt nicht“, sagte er vor seinen Anhängern in Ankara. „Es zählt, was mein Volk sagt.“
Die Todesstrafe war in der Türkei erst 2004 abgeschafft worden. (mü)