Bundesamt für Migration und Flüchtlinge „verliert“ Asylanten im statistischen Niemandsland

17. Oktober 2016
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge „verliert“ Asylanten im statistischen Niemandsland
National
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Foto: Symbolbild

Berlin. Neue Pannen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das BAMF wollte die Zahlen der illegalen Ausländer für 2015 schätzen lassen – doch das ist unmöglich. In der sowieso unklaren Übersicht über die Zahl und Herkunftsländer der in Deutschland lebenden Ausländer und Asylbewerber gibt es eine Kategorie, die gar nicht erst auftaucht: die sogenannten illegal Aufhältigen oder Papierlosen.

Das beinhaltet all jene Ausländer, die entweder noch nie mit einer Behörde in Kontakt waren oder beschlossen, aus diversen Gründen (wie beispielsweise einer drohenden Abschiebung), abzutauchen.  Da man Ausländer, die jede Polizeikontrolle und jeden Kontakt mit dem Staat scheuen, nicht zählen kann, gibt es nur Schätzungen anhand wissenschaftlicher Annäherungsmöglichkeiten. Wissenschaftler um die Bremer Migrationsforscherin Dita Vogel entwickelten im vergangenen Jahr für das BAMF eine Modell-Studie. Ergebnis: im Jahr 2014 lebten mindestens 180.000 bis höchstens 520.000 Ausländer ohne Asyl- oder ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus, d.h. ohne erfaßt oder geduldet zu sein, im Land.

Aufgrund der Massenzuwanderung der vergangenen zwei Jahre, bei denen auch viele „Flüchtlinge“ ohne jegliche Registrierung die Grenzen passierten, soll in diesen Wochen eine neue Rahmenschätzung für 2015 veröffentlicht werden. Doch die Forscherin Vogel entschied sich jetzt gegen eine neue Berechnung – aufgrund von Fehlern in der Datenlage. Durch die Überforderung der Behörden im vergangenen Jahr seien wichtige Daten durcheinandergeraten. Insbesondere in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die als einzige Statistik Daten zum „unerlaubten Aufenthalt“ führt, seien massenhaft Personen falsch eingeordnet worden.

Vogel mußte bei Stichproben feststellen, daß unter „unerlaubtem Aufenthalt“ auch ausländische Tatverdächtige geführt wurden, die sich um Asyl bemühten, aber wegen der Behördenüberlastung im Zuge der Asylkrise noch nicht ihren Antrag stellen konnten. Solche Personen müßten eigentlich als „Asylbewerber“ oder als Personen „mit sonstigem erlaubten Aufenthalt“ von den Ermittlern geführt werden.

Das Ausmaß dieses Problems zeigt sich in einem Zahlenvergleich: Während 2015 laut Bundesinnenministerium rund 480.000 Asylanträge gestellt wurden, kamen aber – ohne Kontingentflüchtlinge und völlig unerkannt Eingereiste – 890.000 Asylanten nach Deutschland. „Zieht man von dieser Zahl diejenigen ab, die bis zum Jahresende einen Asylantrag stellen konnten, dann wird deutlich, daß über 410.000 zeitweise keine regulären Papiere hatten. Stattdessen waren sie nur im Verteilungsverfahren registriert oder hatten eine sogenannte Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“, so Vogel.

Dies führt zu einer Verzerrung der PKS, wodurch die einzige Statistik, mit der die Forscher arbeiten können, nicht mehr brauchbar ist. Eine Aussicht auf dieses Jahr wagt die Forscherin am Schluß ihres Dossiers aber dennoch: „Für 2016 ist von einer steigenden Anzahl von Menschen ohne gültige Aufenthaltspapiere auszugehen, auch wenn sich der Umfang dieser Bevölkerungsgruppe derzeit nicht durch eine Rahmenschätzung eingrenzen läßt. Ein wachsender Anteil wird vorher erfolglos ein Asylverfahren durchlaufen haben.“ (tw)

2 Kommentare

  1. […] das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Nachdem erst vor wenigen Tagen herauskam, daß es für das BAMF schier unmöglich zu sein scheint, die Zahl der illegalen Ausländer in Deutsc…,wurde nun ein Rechtsstreit mit dem Verwaltungsgericht Trier bekannt. Bis Ende August 2016 hätten […]

  2. Silke Z. sagt:

    Befragt man zudem noch Personen, wie Grenz,- bzw. Bundespolizisten, sowie Bahnpersonal, welche Flüchtlingszüge begleiteten, bekommt man eine Übersicht über das wahre Ausmaß der Einreisenden, welches sich mit den 890 000, von de Maizier genannten “Flüchtlingen“, bei weitem noch nicht beziffern lässt.
    Dem entsprechend ist die im Artikel genannte Schätzung, welche sich einer zusätzlichen halben Million annähert, durchaus eine anzunehmende Bezifferung.

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