Warschau. Der nationalkonservativen polnischen PiS-Regierung steht Streit ins Haus. Das polnische Parlament möchte jetzt das ohnehin schon restriktive polnische Abtreibungsrecht weiter verschärfen, so daß künftig nur noch Frauen eine Schwangerschaft abbrechen könnten, deren Leben akut bedroht ist. Doch die Gesetzesinitiative stößt in der Bevölkerung nicht nur auf Zustimmung.
Der Sejm hat am Freitag eine entsprechende Gesetzesinitiative in erster Lesung angenommen. Die Vorlage sieht vor, daß eine Abtreibung nur noch dann zulässig sein soll, wenn sie nötig ist, um das Leben der Schwangeren zu retten. Andernfalls drohen Ärzten und auch Frauen bis zu fünf Jahre Haft. Die Initiative wurde im Juli von einer Bürgerbewegung eingereicht, die auch die Unterstützung der in Polen sehr einflußreichen katholischen Kirche genießt.
Anstatt der erforderlichen 100.000 hatten die Aktivisten in drei Monaten über 450.000 Unterschriften beibringen können. Obwohl die Regierungspartei PiS in der Frage Stimmfreigabe beschlossen hatte, votierten bei der Abstimmung am Freitag alle anwesenden Abgeordneten der Partei für das Verbot. Auch rund die Hälfte der oppositionellen Bauernpartei PSL und der Protestbewegung des Rockers Pawel Kukiz unterstützen das Vorhaben, außerdem vier Abgeordnete der bürgerlich-liberalen Bürgerplattform PO.
Außerhalb des Parlaments wird das Thema aber kontrovers diskutiert. Eine im März durchgeführte Umfrage des Instituts CBOS brachte zutage, daß knapp drei Viertel der Polen im Falle einer Schwangerschaft durch Vergewaltigung oder bei einem Gesundheitsrisiko für die Frau kein Abtreibungsverbot wollen. (mü)