ZUERST!-Chefredakteur Ochsenreiter: „Politische Willensbildung ist keine Raketenwissenschaft“

24. Juni 2016
ZUERST!-Chefredakteur Ochsenreiter: „Politische Willensbildung ist keine Raketenwissenschaft“
National
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Foto: Symbolbild

Seit heute können Sie die Juli-Ausgabe des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST! im Zeitschriftenhandel erwerben. Das Editorial von Chefredakteur Manuel Ochsenreiter beschäftigt sich diesmal mit der im kommenden Jahr anstehenden Bundespräsidentenwahl in Deutschland und der faktisch undemokratischen Auslese des deutschen Staatsoberhaupts in der Bundesversammlung. Lesen Sie nun exklusiv den Kommentar aus der aktuellen Ausgabe von ZUERST!

Nachdem Bundespräsident Joachim Gauck erklärt hat, er stehe für eine zweite Amtsperiode nicht mehr zur Verfügung, ist die Diskussion um seine Nachfolge voll entbrannt. In den Kommentarspalten der etablierten Medien werden im Tagestakt Kandidaten vorgestellt: Wolfgang Schäuble, Frank-Walter Steinmeier, Norbert Lammert und sogar Claudia Roth wurden bereits genannt. Jeder halbwegs Prominente wurde flugs für präsidententauglich befunden. Und alle Kommentatoren aus Politik und Medien sind sich einig: Joachim Gauck war ein guter Bundespräsident, schade, daß er nicht weitermachen will.

Bei beiden Debatten – der über die Nachfolge Gaucks und der über die Qualität seiner Amtsführung – ignorieren die Kommentatoren wie üblich die öffentliche Meinung. Denn Gauck war beim Volk bei weitem nicht so beliebt, wie es die etablierten Schreiber glauben machen wollen. Vor allem in den letzten Monaten erntete Gauck regelmäßig Pfiffe und Buhrufe bei seinen öffentlichen Auftritten wegen seiner Positionen zur Migrationswelle. Auch Gauck gehört zu den vehementen Befürwortern der Politik der offenen Grenzen und der Überfremdung, und auch Gauck beschimpft all jene, die sich gegen diese Politik stellen.

Doch nicht alles war schlecht an Joachim Gauck. Vor seinem Amtsantritt 2012 äußerte er, er würde sich wünschen, daß man den Bundespräsidenten in Deutschland direkt wähle. Das brachte ihm Sympathien ein – vor allem bei jenen, die ihn heute auspfeifen.

Nach jüngsten Umfragen sind 70 Prozent der Deutschen für eine Direktwahl des Bundespräsidenten. Für die Mehrheit der Bürger ist die Bundesversammlung, die zusammentritt, um über das höchste Amt im Staat abzustimmen, ein undurchsichtiger Elitenclub. Der Bundespräsident wird in Deutschland nicht durch den Willen der Wähler bestimmt, sondern ist Verhandlungsmasse der politischen Parteien.

War die Meinung, der Bundespräsident solle direkt gewählt werden, noch bis vor einigen Monaten durchaus salonfähig, läuft heute die etablierte Politik dagegen Sturm. Denn das Beispiel Österreich mit seinem Präsidentenwahlkrimi zeigt, daß das Wahlvolk selbständig denken kann. Der freiheitliche Kandidat Norbert Hofer erhielt in einem Lagerwahlkampf, bei dem sich alle anderen politischen Kräfte gegen ihn stellten, die Hälfte der Stimmen.

Ist das auch in der Bundesrepublik Deutschland möglich? Auf jeden Fall. Politische Willensbildung ist keine Raketenwissenschaft. Je unpopulärer die Politik der Etablierten ist, desto mehr wächst die Unterstützung für Kandidaten außerhalb des Establishments. Oder anders formuliert: Bei einer direkten Wahl hätte ein Kandidat mit den politischen Inhalten eines Joachim Gauck immer weniger Chancen. Die Mehrheit der Deutschen lehnt die Massenmigration ab, sie steht der EU zunehmend ablehnend gegenüber, und immer mehr Deutsche stellen die US-amerikanische Dominanz in Frage. Die Bundesversammlung ist für die Etablierten die Garantie dafür, daß sie „ihre“ Kandidaten trotz fehlender Unterstützung aus dem Volk problemlos ins höchste Amt hieven können. Und genau das wird voraussichtlich auch am 12. Februar 2017 passieren.

Manuel Ochsenreiter ist Chefredakteur des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST! 

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