Warschau/Washington. Der Musterschüler tanzt aus der Reihe – und prompt gibt es Schelte. Die Rede ist von Polen, das sich in den letzten Jahren geradezu zum stromlinienförmigen NATO-Hilfswilligen gemausert hat, neuerdings aber für transatlantisches Stirnrunzeln sorgt. Denn: seit kurzem haben die Polen eine neue Regierung, die Uncle Sam offenbar zunehmend verstimmt.
Jetzt wackelt der nächste NATO-Gipfel, der eigentlich für Sommer 2016 in Warschau geplant ist. Er könnte wegen der aktuellen Politik der neuen polnischen Regierung abgesagt werden, erklärte der Vorsitzende der Kommission des polnischen Sejm für internationale Angelegenheiten, Ex-Außenminister Grzegorz Schetyna. Hintergrund ist ein dezentes Strippenziehen in Washington. Vor wenigen Tagen hatte die „Washington Post“ die Obama-Administration dazu aufgerufen, ihren Einfluß auf die Warschauer Regierung geltend zu machen und den Polen zu verstehen zu geben, daß die Aktivitäten der neuen Regierung „die Beziehungen mit Washington schädigen könnten“.
Auch in Washington sorgt das jüngst in Kraft getretene polnische Gesetz für Verstimmung, das die Kompetenzen des Verfassungsgerichts einschränkt.
Noch bei seinem Polen-Besuch 2014 hatte US-Präsident Obama erklärt, er sehe in Polen geradezu ein „Vorbild“ für andere Länder Mittel- und Osteuropas. Derzeit müßte er die neue Regierung in Warschau jedoch auf die Notwendigkeit der Einhaltung von grundlegenden Werten des Westens hinweisen, orakelte kürzlich die liberale „Gazeta Wyborcza“.
Auch Ex-Außenminister Schetyna erinnert daran, daß Polen ein „maximales Interesse“ an der Durchführung des NATO-Gipfels in Warschau haben müsse, schließlich gehe es dabei um „die Stärkung der östlichen NATO-Flanke“. Der Gipfel sollte eigentlich vom 8. bis 9. Juli 2016 stattfinden. (mü)
Da bietet sich doch selbstredend Kiew als Ausweich-Tagungsort an. Wird doch die Regierung und auch den USA passen. Oder ist das doch noch etwas verfrüht?