Dänen-Referendum: keine weitere EU-Integration in Polizei- und Justizfragen

10. Dezember 2015
Dänen-Referendum: keine weitere EU-Integration in Polizei- und Justizfragen
International
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Foto: Symbolbild

Kopenhagen. Das Schengen-Europa der grenzenlosen Bewegungsfreiheit hat einen weiteren herben Dämpfer bekommen. Einige Medien sprechen bereits vom „Aufstand gegen Europa“. Den jüngsten Anlaß dafür bietet ein kürzlich in Dänemark abgehaltenes Referendum, das für Brüssel eine glatte Ohrfeige bedeutet.

Die Regierung unter Ministerpräsident Rasmussen legte den Dänen die Frage vor, sich für den Beitritt des Landes zu einer strikteren Kooperation mit der EU in den Bereichen Polizei und Justiz auszusprechen – oder nicht. Dänemark hatte sich seinerzeit im Zuge des EU-Beitritts das Recht auf selbständige Beschlüsse in Rechtsfragen vorbehalten. Die dänische Regierung und eine Mehrheit im Parlament sind inzwischen jedoch der Ansicht, daß die Zeit gekommen sei, diese Vorbehaltsrechte über Bord zu werfen.

Doch als in der Nacht zum letzten Freitag die Stimmen ausgezählt waren, stellte sich heraus, daß die Regierung mit dieser Position nicht die Mehrheit der dänischen Bürger hinter sich hat. 53,1 Prozent stimmten gegen den Beitritt zur vertieften Zusammenarbeit mit Brüssel. Die dänische EU-Expertin Rebecca Adler-Nissen kommentierte das Ergebnis des Volksentscheids mit den Worten: „In der Praxis bedeutet das Ergebnis des Referendums, daß der gesamteuropäische Haftbefehl, nach dem Kriminelle in allen EU-Mitgliedstaaten festgenommen werden können, seine Geltung verliert. In Gefahr ist auch die Kooperation Dänemarks mit Europol.“

Das wahrscheinlichere Szenario der EU-Zukunft sieht nach Meinung der Mehrheit der von dänischen Medien befragten Experten anders aus: der Prozeß der von Brüssel vorangetriebenen „Integration“ und Zentralisierung der politischen Prozesse wird dänischerseits komplett auf Eis gelegt. Ein Teil der europäischen Staaten, darunter Dänemark, wird eine zunehmend eigenständigere Politik in einigen Bereichen betreiben. Referenden wie in Dänemark werden von den EU-Skeptikern in ganz Europa abgehalten, um die Beziehungen mit Brüssel auf einigen Gebieten auf eine neue Grundlage zu stellen.

Schon angesichts des anhaltenden Asyl-Ansturms setzten eine Reihe von EU-Staaten ihre Beteiligung am sogenannten „Schengen-Europa“ und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen kurzerhand aus, führten wieder Paßkontrollen an den Grenzen ein oder machten diese überhaupt dicht. Vor diesem Hintergrund ist das dänische Referendum nach Ansicht von Beobachtern ein weiterer Sargnagel für das Schengen-Europa der grenzenlosen Reisefreiheit. Die Zeit einer immer weitergehenden europäischen „Integration“ scheint abgelaufen. (mü)

 

 

2 Kommentare

  1. olli sagt:

    Überall wo man das Volk in ehrlich ausgezählten Plebisziten noch zu Wort kommen lässt, wird die öffentliche (NICHT: die veröffentlichte!) Meinung offenbar.

    Das Finstere hasst aber das Licht …

  2. Bürgerfreund sagt:

    sehr vernünftig, so kann das in der Tat nicht weiter gehen.

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