Ausnahmezustand – Mafiös organisierte Schlepperbanden treten Völkerwanderung los

25. September 2015
Ausnahmezustand – Mafiös organisierte Schlepperbanden treten Völkerwanderung los
International
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Foto: Symbolbild

Ab heute ist die Oktober-Ausgabe von ZUERST! im Zeitschriftenhandel oder hier erhältlich. Exklusiv für die Leser von zuerst.de ein hoch aktueller und brisanter Beitrag aus dem neu erschienenen Heft des Deutschen Nachrichtenmagazins:

Ausnahmezustand

Mafiös organisierte Schlepperbanden treten Völkerwanderung los: Der Sturz Gaddafis erweist sich als Sündenfall einer überheblichen westlichen Interventionspolitik

Es waren prophetische Worte, die der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi in einem Interview mit dem französischen Blatt Journal du Dimanche im Februar 2011 zu Protokoll gab: „Ihr sollt mich recht verstehen. Wenn ihr mich bedrängt und destabilisieren wollt, werdet ihr Verwirrung stiften. Ihr werdet von einer Immigrationswelle aus Afrika überschwemmt werden, die von Libyen aus nach Europa überschwappt. Es wird niemand mehr da sein, um sie aufzuhalten.“ Bei einer anderen Gelegenheit erklärte Gaddafi: „Morgen ist Europa möglicherweise nicht mehr europäisch und könnte sogar schwarz sein, denn Millionen [Afrikaner] wollen hereinkommen.“ Kurze Zeit später fand Gaddafi als Flüchtling im eigenen Land ein grausames Ende; eine internationale „Koalition der Willigen“ unter der Führung Frankreichs hatte sich aufs Panier geschrieben, Libyen vom Revolutionsführer zu „befreien“. Einer der wenigen, der damals vor einer Eliminierung Gaddafis warnte, war der maltesische Außenminister Tonio Borg, der darauf verwies, daß Libyen das Schlüsselland für den Weg afrikanischer Migranten nach Europa sei.

Einen maßgeblichen Anteil an Gaddafis Sturz hatte der französische Jetset-„Philosoph“ Bernard-Henri Lévy („BHL“), der den damaligen französischen Staatspräsidenten Nikolas Sarkozy dazu bewegt haben will, militärisch in Libyen aktiv zu werden. Bezeichnenderweise feierte sich „BHL“ kurz nach der Ermordung Gaddafis gleich selbst. In seinem Buch Krieg, ohne ihn zu lieben läßt er keinen Zweifel darüber aufkommen, daß allein ihm das Verdienst der „Befreiung“ Libyens gebühre. Seitdem verlieren weder „BHL“ noch die anderen Protagonisten der damaligen „Koalition der Willigen“ mehr viele Worte über den „befreiten“ Wüstenstaat, der zum „failed state“, zum „gescheiterten Staat“, geworden ist. Und nicht nur das: Die seismischen Erschütterungen des Sturzes von Gaddafi erstrecken sich mittlerweile von Nigeria bis Somalia, wo die Konflikte angeheizt worden sind.

Libyen ist heute neben der Balkanroute die Hauptschleuse der illegalen Massenmigration nach Europa; die „Immigrationswelle aus Afrika“, die Gaddafi hellsichtig ankündigte, sie ist Realität geworden und nimmt beängstigende Ausmaße an. Von den rund 220.000 Bootsflüchtlingen, die 2014 nach Europa kamen, waren zirka 140.000 in Libyen gestartet. Der eine oder andere Politiker erkennt nun, welche katastrophalen Folgen die „Befreiung“ Libyens für Europa hat: „Gaddafi war kein Freund von Menschenrechten“, erklärte zum Beispiel EU-Kommissar Günther Oettinger. „Er hat aber in unserem Sinne dort gewisse Regeln organisiert und hat Verfahren dort abgewickelt. Jetzt haben wir ein Chaos mit Milizen.“ Und auch der deutsche Außenamtssprecher Martin Schäfer gab sich zerknirscht: „Das, was wir jetzt erleben, ist die Folge eines Militäreinsatzes, der das Regime Gaddafi hinweggefegt hat, aber nichts an seine Stelle gesetzt hat.“

Sowohl Oettinger als auch Schäfer vergaßen indes, Syrien und den Irak zu erwähnen, wo die westliche Interventions- bzw. Destabilisierungspolitik ebenfalls eine Massenmigration bewirkt hat. Für die Einwanderungslobby in Deutschland, die von NGOs über diverse Menschenrechtsorganisationen wie „Pro Asyl“ und die Massenmedien bis hin in die Politik zu CDU, Grünen, Linkspartei und SPD reicht, ist nun die große Stunde gekommen. Die Partei Die Linke beispielsweise legte am 20. April ein Papier vor, das mit „Jeder Mensch ist willkommen“ übertitelt ist und in dem unter anderem die Abschaffung „des Instituts der Abschiebehaft“ gefordert wird – denn „die Flüchtlinge sind gekommen, um zu bleiben“. Es seien schließlich „die Verdammten dieser Erde“ – so Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung –, die zu uns kämen. Mit einer gewissen Berechtigung sprach der Journalist Gerhard Wisnewski mit Blick auf derartige Bekundungen von den „politischen und medialen Schlepperbanden“, die den „Flüchtlingen hierzulande politisch und psychologisch den Weg ebnen“. Der „Migrationskrieg gegen Deutschland und Europa wäre“, so Wisnewski, „ohne diese Organisationen nicht möglich“.

Dabei wissen diese Medien, NGOs und Politik nur zu genau, was wirklich gespielt wird: Die illegalen Zuwanderer, unter denen sicherlich auch einige sind, die nach geltender Rechtslage tatsächlich ein Recht auf Asyl haben,  zahlen Tausende von Euro für ihren Weg nach Europa; meistens handelt es sich hier um junge, gesunde Männer, die in ihren Heimatländern keineswegs verfolgt werden. Sie mißbrauchen das großzügig ausgelegte Recht auf Asyl – ein Rechtsbruch, der behördlich geduldet wird. Diese „Flüchtlinge“ suchen in Europa vor allem eines: ein besseres Leben. Dafür werden exorbitante Summen aufgebracht, die in die Kanäle mafiös organisierter Schlepperbanden fließen, die entsprechende „Dienstleistungen“ anbieten. Das alles kann jetzt in einem Buch nachgelesen werden, das den bisher wohl detailliertesten Einblick in das große Geschäft mit der illegalen Einwanderung gewährt. Der italienische Kriminologe Andrea Di Nicola und der Journalist Giampaolo Musumeci sind zweieinhalb Jahre lang durch die halbe Welt gereist, um das Innenleben der „größten kriminellen Reiseagentur der Welt“ auszuleuchten. Sehr schnell wird bei der Lektüre des Buches klar, warum der Zustrom Illegaler nicht weniger wird, obwohl die Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen an der europäischen Außengrenze in die Höhe schießen. Betrug 2005 der Etat der europäischen Grenzschutzagentur Frontex noch etwas mehr als sechs Millionen Euro, sind es mittlerweile bereits 114 Millionen Euro.

Eine Etataufstockung, die ohne sichtbare Effekte zu bleiben scheint, weil die Schleuser immer raffinierter und organisierter vorgehen. Diese finden immer neue Methoden des illegalen Grenzübertritts, variieren ihre Wege, und im Zweifelsfall werden die Grenzer einfach geschmiert. Bis zu 20 Milliarden Dollar, das allerdings ist ein ziemlich unsicherer Schätzwert, soll das Geschäft mit den illegalen Flüchtlingen mittlerweile einbringen. Das Geld für Frontex, die Europas Grenzen nicht schützen könne, so die beiden Autoren, sei verschwendet.

Di Nicola und Musumeci machen in ihren Reportagen deutlich, daß es sich bei den Schleusern um professionell arbeitende ethnische Netzwerke handelt, die informell strukturiert sind. Diese erstrecken sich „von Afghanistan bis nach Nordeuropa“ und beschäftigen „eine Heerschar von Menschen“, die sich in „ihrem Dunstkreis bewegen“. Dennoch ist über die Identität der Schlepper, die aus den Ländern entlang der Flüchtlingsrouten stammen, wenig bekannt. Etliche der Schlepper gehören offenbar den Volksgruppen der Tubu oder Tuareg an, aber auch ehemalige Gaddafi-Milizionäre sollen sich als Schlepper betätigen. Darüber hinaus sind es auch Bewohner der Küstenregionen Libyens, die im lukrativen Geschäft mit dem Menschenhandel mitmischen.

(…)

Der entscheidende Grund für die Massenmigration liegt allerdings darin, daß das internationale Wanderproletariat mittlerweile erkannt hat, daß es auch bei illegaler Zuwanderung eine gute Chance hat, in Europa bleiben zu können. In den meisten EU-Ländern gibt es wohl auch deshalb keine offiziellen Zahlen darüber, wie viele der illegalen Zuwanderer letztlich dauerhaft bleiben. Das sei „ein Riesenskandal in einer Union“, so der österreichische Journalist Andreas Unterberger, „die sonst jeden Obstbaum penibel zählt“. Für Deutschland indes stand bis vor kurzem eine bisher unwidersprochen gebliebene Zahl im Raum, die für sich spricht: 90 Prozent der illegalen Zuwanderer und Asylbewerber sollen in Deutschland bleiben. (…)

Georg Kutowski

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