Berlin/Athen. In der CDU wird die Kritik an den Plänen für ein drittes Hilfspaket für Griechenland in der Euro-Schuldenkrise lauter. Grüne und Linke werfen der Union „anti-europäisches“ Handeln vor und die AfD plant eine Petition zum Austritt aus dem Euro.
Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg (CDU), hat den Kurs von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (ebenfalls CDU) bei den Verhandlungen über ein neues Griechenland-Hilfspaket verteidigt. Er sagte gegenüber dem rbb-Inforadio, er hoffe, daß die griechische Regierung an diesem Wochenende in Brüssel gemerkt habe, „daß es eigentlich schon eine Minute nach zwölf“ gewesen sei: „Deswegen war es auch richtig, daß Wolfgang Schäuble mit einem zeitweisen Grexit die Alternative aufgezeigt hat.“ Schließlich habe der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras einen Kurswechsel „um 180 Grad“ vollzogen und letztlich dem Spar- und Reformpaket zugestimmt.
Dagegen äußerte Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) Vorbehalte. Er wolle seine Zustimmung zu weiteren Finanzspritzen für Griechenland vom Verhalten Athens und den Erklärungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble abhängig machen. Friedrich sagte der „Saarbrücker Zeitung“, er hoffe, daß Schäuble die offenen Fragen insbesondere hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit Griechenlands beantwortete. „Ich habe hohes Vertrauen zu ihm.“ Zugleich müsse Griechenland beweisen, „daß sie die Vereinbarungen auch umsetzen.“ Er sei diesbezüglich „nach wie vor sehr kritisch. Weil ich nicht glaube, daß die Griechen die Reformen tatsächlich machen werden.“ Auch der Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, Christian von Stetten, äußerte Kritik. Er befürchtet erhebliche zusätzliche Belastungen für die Steuerzahler infolge der Einigung über neue Griechenland-Hilfen. „Es kann nicht sein, daß der IWF sein Geld schon bis 2016 zurückbekommt, während gleichzeitig die Rückzahlung an die Euro-Staaten nach hinten verschoben wird“, sagte von Stetten der „Rheinischen Post“. Er hatte im Februar wie 29 weitere Unions-Abgeordnete gegen die Verlängerung des zweiten Griechenland-Programms gestimmt.
Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Anton Hofreiter, ließ das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion am Freitag offen. „Frau Merkel und Herr Schäuble wollten Alexis Tsipras seine teilweise unkluge Verhandlungsführung ‚Auge um Auge‘ heimzahlen. Einem Partner, der ohnehin am Boden liegt, tritt man aber nicht nochmal in die Seite“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Sowohl Merkel als auch Schäuble hätten „anti-europäisch gehandelt. Anstatt Europa zu einen, treibt diese Bundesregierung es auseinander. Das schadet gerade auch uns Deutschen.“ Hofreiter fügte hinzu: „Ich erwarte von Frau Merkel, daß sie öffentlich ein Bekenntnis abgibt: Es wird keinen Grexit geben. Der wäre kein Ende mit Schrecken, sondern der Auftakt zu noch mehr Elend.“
Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch. „Dieses Ergebnis der Verhandlungen ist ein deutsches Diktat und nichts anderes als eine Erpressung“, erklärte Bartsch im Fernsehsender phoenix. Der griechische Regierungschef Tsipras habe keine andere Möglichkeit gehabt, als dem Paket zuzustimmen, um einen Grexit zu verhindern. „Es wurde das Primat des Ökonomischen gegen das Primat der Politik durchgesetzt“, so Bartsch. Insbesondere Schäuble habe durch sein Handeln „unheimlich viel Porzellan zerschlagen“. Sein Grexit-Papier „hat die Axt an Europa gelegt. Es ist schlimm, was er gemacht hat und war auch als Drohung gegen andere Länder gedacht“, meinte Bartsch, der ankündigte, bei einer Bundestagsentscheidung gegen den gefundenen Kompromiß stimmen zu wollen
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry kritisierte in einer Pressemitteilung, die Verhandlungstaktik Merkels gleiche „einer Geisterfahrt im Nebel“. „Die Bundesregierung verhandelt in Brüssel zunehmend intransparent. Neben der völlig unsinnigen und unabgestimmten Forderung von Schäuble nach einen Grexit auf Zeit, ist der neuste Coup nun, sich weitere Griechenland-Hilfen aus dem ESM vom Bundestag genehmigen zu lassen“, so Petry. Was noch vor Kurzem als ungefährlich für die Stabilität der Eurozone eingestuft wurde, sei nun auf einmal ein Risiko und müsse durch den ESM stabilisiert werden, bemängelte Petry. „Mit diesem fahrlässigen und undemokratischen Politikstil muß endgültig Schluß sein. Immer offensichtlicher zeigt die Bundesregierung, wie wenig Priorität der Wählerwille und die Interessen der deutschen Steuerzahler gegenüber der Rettung Griechenlands bei ihr genießen.“ Deshalb arbeite die AfD mit Hochdruck an einem bundesweiten Referendum. Bereits kürzlich hatte die Partei angekündigt, eine Petition zum Euro-Austritt Griechenlands initiieren zu wollen, die offenbar mit Initiativen der AfD-Landtagsfraktionen gekoppelt werden soll. „Über eine der fünf AfD-Landtagsfraktionen kann man versuchen, den Bundesrat dazu zu bringen, über ein solches Referendum zu debattieren. Denn ich glaube kaum, daß Frau Merkel im Bundestag darüber sprechen möchte“, erklärte der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen. (lp)