Buchbesprechung: „Mitten im Frieden überfällt uns der Feind“ von Stefan Scheil

27. Februar 2015
Buchbesprechung: „Mitten im Frieden überfällt uns der Feind“ von Stefan Scheil
Kultur & Gesellschaft
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Foto: Symbolbild

Wie fruchtbar es ist, alte Quelleneditionen zu sichten oder die Memoiren historischer Persönlichkeiten durchzuarbeiten, zeigt erneut der Diplomatiehistoriker Stefan Scheil in dem anzuzeigenden Werk.

Er macht deutlich, daß die Kriegsursachenforschung in den 1920er Jahren weiter gewesen ist als heute. Keinesfalls stand Deutschland als Verursacher des Ersten Weltkriegs fest. Zahlreiche Veröffentlichungen aus der Zeit beleuchteten russische, französische, serbische und englische Maßnahmen zur Kriegsauslösung. Ein aufschlußreiches Gebiet, das Scheil nennt, ist die Bestechung. Im Jahr 1912 ging St. Petersburg auf Kriegskurs. Großes Ziel war die Gewinnung von Konstantinopel und der türkischen Meerengen. Frankreich unterstützte diese Politik des Zarenreiches politisch, finanziell und militärisch. Die russische Regierung begann, die „erwartete internationale Krise“ mit Hilfe einer Medienkampagne in Frankreich zu forcieren. Dafür nutzte sie die „scheußliche Käuflichkeit“ der französischen Presse durch Gewährung außerordentlich hoher Bestechungsgelder, wenn dafür im Gegenzug die russische Politik in der Berichterstattung gut wegkommt. Hauptziel waren Organe der linkssozialen Bewegung in Frankreich, die die chauvinistischen Aufwallungen der bürgerlichen Blätter bisher nicht mitgemacht hatten. In monatlichen Tranchen erhielten die Zeitungen Beträge von bis zu 120.000 Francs. Ein wichtiger Wortführer der Linken ließ sich aber nicht kaufen: Jean Jaurès. Er wurde am 31. Juli 1914, einen Tag nach der Verkündung der russischen Mobilmachung, ermordet. Sein Mörder erhielt 1919 in einem Prozeß den Freispruch, Jaurès’ Witwe wurden die Kosten des Verfahrens aufgebürdet. Bleibt die Frage: Cui bono? (oh)

Stefan Scheil. „Mitten im Frieden überfällt uns der Feind“. Vergessene Wahrheiten des Ersten Weltkriegs – Die Schuld der Sieger in den Debatten der zwanziger Jahre. 268 S., geb., € 29,80. Berlin: Landt Verlag, 2014.

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