Berlin. Mitten im Tauziehen um die Euro-Schuldenkrise in Griechenland droht eine neue Auseinandersetzung über eine gemeinsame Haftung für Staatsschulden in der EU. Auslöser sind die laufenden Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) und ein bislang weitgehend unbeachtetes Detail im bereits ausgehandelten Abkommen mit Kanada (CETA).
Das berichtet das Wirtschaftsmagazin „Capital“. „Schadensersatzklagen bei Umschuldungen von Staatsanleihen sollten ausgeschlossen sein“, hieß es nach Angaben des Magazins aus dem Bundesfinanzministerium. Die Regelungen zum Investitionsschutz in den geplanten Abkommen müssten entsprechend ausgestaltet sein. „Dafür setzen wir uns in den laufenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen CETA ein. Gleiches gilt für die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP.“ Eventuell gebe es sogar die Chance, Staatsanleihen noch komplett vom Investitionsschutz in CETA auszuklammern, hieß es an anderer Stelle in Berliner Regierungskreisen.
Bislang sieht CETA vor, dass Staatsanleihen Kanadas und von EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich dem Investitionsschutz unterliegen. Sollte etwa ein EU-Mitglied seine Schulden einmal nicht mehr bedienen, könnten kanadische Investoren im Prinzip vor ein Schiedsgericht ziehen und auf Schadensersatz klagen. Zwar ist in dem Abkommen bereits eine Ausnahme für erfolgreich abgeschlossene Umschuldungsverhandlungen vorgesehen. Doch etliche Details sind darin umstritten, und die Definition für eine erfolgreiche Umschuldung ist streng.
Stephan Schill, Professor für Internationales Wirtschafts- und Staatsrecht an der Universität Amsterdam und Gutachter der Bundesregierung, warnte gegenüber „Capital“ daher vor einer Gemeinschaftshaftung durch die Hintertür: „Im Falle eines Zahlungsausfalls eines EU-Mitgliedstaates kann es durch CETA zu einer Haftungserweiterung kommen, von der auch alle anderen EU-Staaten indirekt betroffen sein könnten.“ (lp)