Am 13. Januar fand in Berlin direkt vor dem Brandenburger Tor ein seltsames Schauspiel statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel war gekommen, ebenso Bundespräsident Joachim Gauck, auch Spitzenvertreter aller etablierten Parteien sowie der frühere Bundespräsident Christian Wulff waren anwesend. Bei dieser gemeinsamen „Mahnwache“ sollte unter dem Motto „Zusammenstehen – Gesicht zeigen“ gegen islamistischen Terrorismus demonstriert werden. Organisiert wurde die Veranstaltung vom „Zentralrat der Muslime“ (ZdM) und von der „Türkischen Gemeinde“, Anlaß war der Terroranschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo. Und da standen sie dann alle eingehakt und lauschten gegenseitig ihren Reden. „Wir alle sind Deutschland“, behauptete der Vorsitzende des ZdM, Aiman Mazyek. Und Bundespräsident Joachim Gauck wiederholte diesen Satz schwärmerisch. Die „Bunte Republik Deutschland“ lag sich in den Armen.
Worüber man weniger gerne berichtete: Bereits im Vorfeld gab es erheblichen Ärger. Ein kurdischer Verein kritisierte Merkel scharf dafür, daß mit der „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa“ (ATIB) auch ein Ableger der chauvinistischen „Grauen Wölfe“ beteiligt war, andere beklagten, daß über den ZdM die radikalsunnitischen
Muslimbrüder neben Merkel und Gauck posieren dürften. Es sei ein absurder Witz, wenn sich die deutsche Bundesregierung gerade jetzt mit jenen öffentlich gemeinmache und sie quasi als Vorbilder präsentiere, die selber durch und durch Extremisten seien, so die Kritiker. Nur einen Tag vor dieser bizarren „Mahnwache“ hatte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu seinen großen Auftritt vor 3.000 Landsleuten im Berliner Tempodrom. Er macht gerade Wahlkampf und wirbt um die Stimmen der Türken in Deutschland. Davutoglu geht zum Frontalangriff über: Mit Merkel habe er über Integration gesprochen und klargemacht: „Wir Türken haben alles getan, um uns zu integrieren! Was sollen wir denn noch tun?“ Die auf gepeitschte Menge antwortet im Sprechchor: „Wir sind groß! Wir sind stark!“ Davutoglu verkündet den Aufstieg der Türkei zur „Weltmacht“ bis 2023. Eigentlich zum Lachen – fände das irgendwo in Ankara und nicht in der deutschen Hauptstadt statt. Denn Davutoglus Auftritt gleicht mehr einem Truppenbesuch denn einer freundlichen Stippvisite.
Und während unsere Bundeskanzlerin in Gesellschaft zwielichtiger Migrantenvereine zu „Wir sind Deutschland“ Beifall klatscht und Davutoglu die Türken in Deutschland ungehindert aufwiegelt, hetzte sie in ihrer Neujahrsansprache gegen zehntausende unbescholtene Bürger, die jeden Montag friedlich in Dresden bei den PEGIDA-Demonstrationen gegen religiösen Extremismus und ungebremste Masseneinwanderung demonstrieren. O-Ton Merkel: „Deshalb sage ich allen, die auf solche Demonstrationen gehen: Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen!“ Merkel warnte: Zu oft seien „Vorurteile, ist Kälte, ja, sogar Haß in deren Herzen“, so die Kanzlerin am 1. Januar vor ihren eigenen Landsleuten.
Eine Parole der PEGIDA-Teilnehmer lautet „Wir sind das Volk!“ Merkel und andere etablierte Politiker stellten bereits klar, daß sie das anders sehen. Das taten Erich Honecker und Egon Krenz im Herbst 1989 übrigens auch.
Manuel Ochsenreiter ist Chefredakteur des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST!