Nach CIA-Bericht: Rätselraten um geheime US-Foltergefängnisse in Europa

13. Januar 2015
Nach CIA-Bericht: Rätselraten um geheime US-Foltergefängnisse in Europa
International
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Foto: Symbolbild

Washington/Bukarest. Nach der Veröffentlichung des US-Senatsberichts über die Folterpraktiken der CIA hat der frühere rumänische Auslandsgeheimdienstchef Armeegeneral Ioan Talpes die Existenz von US- „Transitlagern“ für Terrorverdächtige in Rumänien eingeräumt.

Demnach sei Rumänien „aber nicht an Einzelheiten dessen, was der US-Geheimdienst dort machte, interessiert“ gewesen, sagte Ioan Talpes der Tageszeitung „Adevărul“. Talpes war von 1992 bis 1997 Chef des rumänischen Auslandsgeheimdienstes Serviciul de Informaţii Externe (SIE) und von 2000 bis 2004 Chef der Präsidialabteilung für nationale Sicherheit. Er erklärte, Bukarest sei damals sehr daran interessiert gewesen, in die NATO aufgenommen zu werden, weshalb man darauf „verzichtet“ habe, die USA zu fragen, wofür die Einrichtungen genutzt werden sollten. Die Einrichtungen wurden einfach als „Durchgangszentren“ bezeichnet, und Rumänien habe nicht gewußt, ob diese Lager als Gefängnisse genutzt würden, meinte Talpes weiter. „Die rumänische Seite interessierte sich nicht dafür, was die Amerikaner dort machten, vermutlich um ihnen zu signalisieren, daß sie uns vertrauen konnten“, so der General.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sei mit den USA über „Unterstützungszentren für die CIA“ gesprochen worden. Es sei aber nie die Rede von Gefängnissen gewesen, sondern nur von „Transitzentren“, sagte er der Zeitung.

Ein US-Senatsbericht war kürzlich zu dem Schluß gelangt, daß die CIA Terrorverdächtige weit brutaler folterte als bekannt. Demnach wurden 119 Personen gefangengenommen oder entführt und in Geheimgefängnissen („black sites“) außerhalb der USA gefoltert. In dem bearbeiteten und teilweise geschwärzten Bericht selbst wurden zwar keine Staaten namentlich genannt, aber schon bald kursierte eine Liste mit den Namen einiger Länder, die mit hoher Wahrscheinlichkeit an diesen Machenschaften beteiligt waren, darunter auch Rumänien, Polen, Litauen, Thailand und Afghanistan.

Schon im Juli 2014 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Polen in zwei Fällen wegen Verstoßes gegen das Folterverbot zu Schmerzensgeldzahlungen, weil das Land von 2003 bis 2005 CIA-Geheimgefängnisse für Al-Kaida-Verdächtige auf seinem Territorium zugelassen haben soll. Polen habe mit seiner Genehmigung von CIA-Geheimgefängnissen auf seinem Boden internationale Verträge verletzt, weil es nichts unternommen habe, die Menschenrechte der Gefangenen zu schützen, so die Urteilsbegründung. Dieses Urteil könnte dazu führen, daß auch noch gegen andere europäische Staaten, in denen die CIA Geheimgefängnisse unterhielt, Klage eingereicht wird.

Mitte Dezember kündigte die Regierung in Bukarest nach den Anschuldigungen im Zusammenhang mit geheimen CIA-Gefängnissen in Rumänien Ermittlungen an. Die Regierung sei bereit, „die Vorwürfe aufzuklären“, teilte das Außenministerium mit. Doch lägen bislang keinerlei Beweise für die Existenz solcher Gefängnisse vor, erklärte das Ministerium. Ebenso bestritt der damalige rumänische Präsident Ion Iliescu, jemals von diesen so genannten „Geheimgefängnissen“ gewußt zu haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft verwies jedoch in diesem Zusammenhang auf eine Klage des CIA-Gefangenen Abd al-Rahim al-Naschiri, der nach eigenen Angaben zwischen 2003 und 2006 in Rumänien festgehalten wurde. Der saudiarabische Terrorverdächtige sitzt derzeit im US-Gefangenenlager Guantánamo ein. Sein Fall ist auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.

Schon im Jahr 2006 warf der Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, Rumänien vor, illegale CIA-Gefängnisse beherbergt zu haben, wie kürzlich „Spiegel Online“ berichtete. Bereits damals habe Marty explizit den Namen Talpes erwähnt. Zumindest habe der General von der Existenz des Geheimgefängnisses in dem Militärstützpunkt Mihail Kogălniceanu in der Zeit von 2003 bis 2005 gewußt. (ds)

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