Der langjährige Spiegel-Journalist läßt seine äußerst linke Vergangenheit – u.a. war er Asta-Mitglied und schrieb für die Links-Postille Pflasterstrand – anhand einer Reihe von Anekdoten Revue passieren und beschreibt daran den Mentalitätswandel, den er an sich selbst festgestellt hat.
Die durchideologisierte Lebenseinstellung der Linken ist ihm vollkommen fremd geworden. Humorvoll und ironisch schildert er z.B. das Gebaren der bundesdeutschen Betroffenheitsheulboje Nr. 1 Claudia Roth, bei der von Altersweisheit keine Spur zu entdecken ist. Anders bei Mohr. Er überrascht sich dabei, bei der heutigen Jugend das zu kritisieren, was er selbst einmal bis zum Exzeß getrieben hat: Feiern, Demonstrieren, Gammeln! Ihn stören der Dreck überall, Schmierereien an Wänden, musizierende Bettler in U-Bahnen und auf der Straße. Leider vermeidet er völlig, die hinter diesen Erscheinungen zutage tretende Politik zu erkennen und als das zu bewerten, was sie ist: die Voraussetzung für den gesellschaftspolitischen Niedergang. Das Bettlerunwesen hat natürlich etwas mit dem schrankenlosen Zuzug von Migranten zu tun, was zu einer zunehmenden Verwahrlosung der urbanen Lebensräume, zu Ghettobildung, Werte- und Demokratieverfall führt. Die schier uferlos anwachsende Kriminalität und die schwindende Aufklärungsrate lassen den Bürger das Vertrauen in diesen Staat verlieren. Dieser Analyse verweigert sich Mohr. Aber nicht nur das: Beobachter, die genau diese Zusammenhänge sehen und artikulieren, denunziert er als „Nazis“. Alles, was sich politisch rechts von einer imaginären Mitte tummelt, ist für ihn böse. Offenbar kann er nicht aus seiner linken Haut, denn um die von ihm durchaus richtig erkannten Probleme zu beheben, bedarf es anderer Mittel als der bislang angewendeten. (gk)
Reinhard Mohr. Bin ich jetzt reaktionär? Bekenntnisse eines Altlinken. 190 S., Pb., € 17,99. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2013.
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