Berlin. Einen erbitterten Schlagabtausch gab es jetzt im Berliner Abgeordnetenhaus zur Frage der Ehrenbürgerschaft des ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Eine vereinigte Linksfront aus Grünen, Linkspartei und Piratenpartei wollte Hindenburg aus der Ehrenliste der Stadt Berlin streichen.
Begründung: Hindenburg sei ein „Militarist“ und Wegbereiter Hitlers gewesen. Der Aufruhr war aber umsonst – Hindenburg bleibt weiterhin Berliner Ehrenbürger. Vor der Debatte glaubten sich die vereinigten Linken ziemlich sicher, daß ihr Antrag wie in anderen deutschen Städten und Kommunen mit den Stimmen der SPD und auch der CDU durchgehen werde. Doch diesmal setzten SPD und CDU der Verteufelung des ehemaligen Staatsoberhaupts Widerstand entgegen und stimmten gegen den Linksantrag.
Sowohl Debattenredner der SPD als auch der CDU verteidigten Hindenburg, der „ein Demokrat gewesen“ sei (SPD) und bei dem man es „für unangemessen halte, ihn als böswilligen Brandstifter davonzujagen“ (CDU). Im Zuge der Debatte wurde von der Linksfront vor allem die SPD heftig angegriffen, da man es bisher gewohnt war, daß diese bei jedem Akt von politisch korrekter „Vergangenheitsbewältigung“ von Haus aus dabei ist. Der Piraten- Abgeordnete Oliver Höfinghoff warf den Sozialdemokraten vor, weiter in der Tradition Gustav Noskes zu stehen, der mehrere kommunistische Umsturzversuche in den Anfangsjahren der Weimarer Republik mit Hilfe des Militärs verhinderte. Die SPD warf Höfinghoff daraufhin vor, er benehme sich wie ein „linksradikaler Spinner“.
Beobachter sind nun gespannt, ob das Berliner Abstimmungsverhalten der Genossen auch in anderen Städten Schule machen wird oder ob man weiterhin mit den Wölfen heult, wenn es um die damnatio memoriae gegenüber verdienten historischen Persönlichkeiten geht.
Erst im Januar hatte eine parteiübergreifende Linkskoalition aus SPD, Grünen und Linkspartei im Bauausschuß der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel durchgesetzt, daß dem ehemaligen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg „seine Straße“ weggenommen wurde und den technokratischen Namen „Kiellinie“ erhielt. Im Kieler Rathaus hat die Linke eine kompakte Mehrheit, die eine solche Entscheidung möglich macht. Mit 30 von 53 Sitzen konnte Rot-Rot-Grün die politisch korrekte Entscheidung gegen die CDU mit 19 Mandaten durchsetzen.
An der Spitze der Straßenumbenennung standen der Linkspartei-Mann Stefan Rudau und die Grün-Politikerin Ulrike Kahlert. Rudau betitelte Hindenburg gar als „Helden der Nazis“, obwohl der greise Tannenberg-Sieger in der Reichspräsidentschaftswahl als Kandidat gegen Adolf Hitler angetreten war. CDU und Junge Union waren demgegenüber vehement für die Erhaltung des historischen Namens eingetreten. (ds)