Moskau. Die Vorgänge in der Ukraine und die unter dem Vorwand dieser Krise vom Westen angekündigten Wirtschaftssanktionen gegen Rußland werden womöglich schon bald Auswirkungen auch auf den internationalen Zahlungsverkehr haben.
Im Gefolge der Sanktionspolitik des Westens stellten die US-Kreditkartenfirmen Visa und MasterCard ihre strategische Zusammenarbeit mit zwei russischen Banken ein. Konkret betroffen war auf russischer Seite die Rossija-Bank, die als „Hausbank“ des Kreml gilt. Als Reaktion gab Rußlands Präsident Wladimir Putin Ende März die Einführung eines unabhängigen russischen Kreditkartensystems in Auftrag, um den Zahlungsverkehr in und mit Rußland schnellstmöglich auf eigene Beine zu stellen. Außerdem sollen auswärtige Kreditkartenfirmen zu Kautionszahlungen an die russische Zentralbank verpflichtet werden.
Mit einem eigenen Kreditkartensystem wäre die russische Wirtschaft von Firmen wie MasterCard oder Visa weitgehend unabhängig und könnte einen eigenen Zahlungsverkehr aufbauen. Dies hätte natürlich spürbare Auswirkungen auf die Gewinne der bisher gängigen Kreditkartenfirmen. Am meisten würde die mittlerweile in Expertenkreisen als „Putin-Karte“ definierte neue russische Kreditkarte wohl den US-amerikanischen Kreditkartenanbieter MasterCard treffen. Zwar macht MasterCard derzeit nur zwei Prozent seiner weltweiten Umsätze in Rußland, doch konnte das Unternehmen dort in den vergangenen Jahren hohe Zuwachsraten verzeichnen.
Beobachter gehen bereits davon aus, daß ein neues Kreditkartensystem künftig nicht nur für den russischen Markt attraktiv sein könnte, sondern sich auch in anderen Ländern etablieren könnte. Dies würde Bewegungen im internationalen Kreditkartengeschäft zur Folge haben, die sowohl MasterCard als auch Visa empfindlich treffen könnten.
Der Aufbau eines eigenen Kreditkartensystems in Rußland könnte innerhalb von sechs Monaten unter Leitung der russischen Nationalbank abgeschlossen werden. Für Kreditkartenkunden und Geschäftsinhaber, die Kreditkarten akzeptieren, dürfte es von Vorteil sein, wenn die bisher marktbeherrschenden „Großen“ durch den verstärkten Wettbewerb zu neuen kundenfreundlichen Maßnahmen angeregt würden. (ds)