Brüssel/Straßburg. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), hat auch während mehrerer Wahlkampfveranstaltungen im In- und Ausland das sogenannte Tagegeld der EU in Höhe von 304 Euro pro Tag erhalten.
Dies geht aus der schriftlichen Antwort eines Sprechers von Martin Schulz auf eine Anfrage des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ und den veröffentlichten Wahlkampfterminen von Schulz hervor. Die Tagegelder für EU-Parlamentarier sind eigentlich für Ausgaben im Rahmen der Parlamentsarbeit vorgesehen, vor allem für Unterkunft und Verpflegung in Straßburg und Brüssel.
Nach Unterlagen des EU-Parlaments steht dem Parlamentspräsidenten im Gegensatz zu allen anderen Abgeordneten das Tagegeld nicht nach Anwesenheit, sondern automatisch an 365 Tagen im Jahr zu. Damit bekommt er jährlich zusätzliche steuerfreie Gelder in Höhe von knapp 111.000 Euro. Der Speyerer Verwaltungswissenschaftler Hans Herbert von Arnim sagte dazu gegenüber „Report Mainz“: „Man könnte dem Parlamentspräsidenten eine Amtszulage geben, die müsste dann aber voll versteuert werden. Was jetzt geschieht, ist ein verschleiertes, steuerfreies Zusatzeinkommen und das ist ein Mißbrauch.“
Laut Aussagen seines Sprechers bekommt Martin Schulz die Tagegelder seit dem 18. April 2014 nicht mehr, da er sich im Wahlkampf befinde. Der Terminkalender von Martin Schulz zeigt jedoch, dass der Bewerber um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bereits vor diesem Tag europaweit an mehr als zehn Wahlkampfveranstaltungen teilgenommen hat und in dieser Zeit die vollen Tagegelder erhalten hat. „Wenn man sich die Termine anschaut, wo er für die SPD Wahlkampf gemacht hat, dann zeigt das, daß er längst vor dem 18. April schon im Wahlkampf war. Und deswegen eigentlich an diesen Terminen Tagegeld nicht hätte einstreichen dürfen“, so von Arnim dazu.
Schulz hatte gegenüber „Report Mainz“ noch am 22. April am Rande einer Wahlkampfveranstaltung bestritten, die 365 Tagessätze zu erhalten. Erst auf schriftliche Nachfrage hin erklärte sein Sprecher, daß er das Geld seit Amtsantritt 2012 bekommen habe – bis zum 18. April 2014. Das Ende der Zahlungen habe Schulz kurz nach seiner Wahl zum Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten Anfang März verfügt. Trotz mehrfacher Nachfragen von „Report Mainz“ legte der Parlamentspräsident hierfür jedoch keine Belege vor.
Von Arnim hält jedoch eine einfache Verzichtserklärung für nicht ausreichend: „Er müsste rechtswirksam darauf verzichten, sonst läuft das Geld, auch wenn es vielleicht noch nicht auf seinem Bankkonto steht, auf und er kann dann später darüber verfügen. Sollte das so sein, daß er nicht rechtswirksam darauf verzichtet hat, dann wäre das ein richtiggehendes Täuschungsmanöver.“
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