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Berlin. Nach der Bundestagswahl haben mehrere Wissenschaftler die Bundesregierung aufgefordert, ein Integrationsministerium zu gründen, sobald die Koalitionsverhandlungen beendet sind.
Leider haben sich die „Experten“ nicht schon während des Wahlkampfes zur öffentlichen Diskussion gemeldet, so hätten möglicherweise die Parteien dazu noch vor der Wahl Stellung beziehen und die Einwanderungspolitik thematisieren müssen. Doch vielleicht wollten dies die mehr als 60 Hochschullehrer und Wissenschaftler gar nicht, die sich mit dem Argument, Deutschland sei eine Einwanderungsgesellschaft, in einer Online-Petition des Rats für Migration an die Regierung wandten.
Dort heißt es u.a. wörtlich: „Migration und Integration sind Schlüsselthemen von Gegenwart und Zukunft, die fast alle Politikbereiche durchdringen.“ Die Wissenschaftler beklagen, daß auf Bundesebene die Einwanderungs- und Integrationspolitik zunehmend durch Kompetenzgerangel zwischen den einzelnen Ministerien gelähmt werde. So verstehe sich bereits das Bundesinnenministerium wegen seiner Zuständigkeit bei Fragen des Aufenthaltsgesetzes als Integrationsministerium. Bei der Gewinnung dringend benötigter Fachkräfte liege die Federführung dagegen beim Bundesarbeitsministerium, wobei aber für die Visa-Vergabe die deutschen Auslandsvertretungen und damit das Auswärtige Amt zuständig seien und damit das Auswärtige Amt.
Außerdem hätten die vielen mit Migration beschäftigten Ministerien meistens selbst ein Integrationsreferat. Zudem gebe es auch noch die im Bundeskanzleramt installierte Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration im Range eines Staatsministers und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg, zu dessen Aufgaben die Integrationskurse zählten und das wiederum zum Bundesinnenministerium gehört. Doch gerade das Innenministerium sei mit seinen Aufgaben für Sicherheitspolitik und Gefahrenabwehr sicherlich nicht der richtige Ansprechpartner für eine migrantenfreundliche Integrationspolitik, was „die Förderung von Willkommenskultur gegenüber der nötigen Zuwanderung“ betreffe, und auch für eine „Integrationspolitik im Sinne teilhabeorientierter Gesellschaftspolitik für alle“.
Als hätte geradezu ein Zuwanderungs-Lobbyist ihre Forderungen zu Papier gebracht, plädieren die Unterzeichner des Appells an die Bundesregierung, zu denen auch der Integrationsforscher Klaus Jürgen Bade sowie der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler gehören, für ein Querschnitts-Ministerium, „das die Aufgabenbereiche Migration und Integration mit der Arbeitsund Sozialpolitik verknüpft und darüber hinaus die Brücke zu anderen, für Migration und Integration wichtigen Aufgabenfeldern schlägt“.
Pikanterweise kritisierte die türkischstämmige Soziologin Necla Kelek die Arbeitsweise des Migrationsexperten Bade und warf ihm vor, er habe für das Jahresgutachten 2010 des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration nichtrepräsentative Umfragedaten verwendet. Den Sachverständigenrat selbst bezeichnete Kelek als „Politbüro“ und „Kontrollorgan der politischen Korrektheit“ und Bade als „Anti-Sarrazin“.
Unter anderem haben auch der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz und die ehemalige Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, den Online-Aufruf unterzeichnet.
Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.