Sendezentrale des SWR in Stuttgart (Foto: Wikimedia/Bear62, CC-BY 3.0)
Berlin. Seit dem 1. Januar gibt es nicht mehr die alte Rundfunkgebühr, sondern die Rundfunkabgabe, auch „Demokratieabgabe“ genannt, die nicht mehr von den Empfangsgeräten abhängt, sondern von jedem Haushalt bezahlt werden muß, egal ob man die Segnungen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nützt oder nicht.
Eigentlich ist die Haushaltsabgabe rechtswidrig, da es sich in Wirklichkeit um keine Abgabe, sondern um eine Steuer handelt. Die Haushaltsabgabe zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beruht nämlich auf einem Rundfunkstaatsvertrag der Länder, doch Steuern sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Sache des Bundes. Doch egal ob rechtskonform oder nicht, kassiert wird trotzdem.
Im vergangenen Jahr schrieb die ehemalige NDR-Mitarbeiterin Anna Terschüren ihre Doktorarbeit zum Thema „Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland“. Daß sie nicht mehr beim Rundfunk arbeitet, ist aufgrund des Inhalts ihrer Publikation nicht verwunderlich. Nach eigenen Angaben verließ Frau Terschüren freiwillig den NDR, klarerweise noch vor der Veröffentlichung ihrer Doktorarbeit.
Frau Terschüren zeigt in ihrem Werk auf, daß die Reform der Rundfunkfinanzierung vor allem wegen der sinkenden Akzeptanz der Rundfunkgebühr nötig wurde. Seit 2006 sank die Zahl der angemeldeten gebührenpflichtigen Fernsehgeräte, die der Radiogeräte seit 2008. Andererseits nahm die Zahl der gebührenbefreiten Geräte stetig zu. Aus diesen Gründen wurde die Reform beschlossen, denn so konnte man den rückläufigen Einnahmen leichter gegensteuern – statt etwa durch ein besseres Programm die Akzeptanz der Gebühren zu verbessern.
Also machten sich kluge Köpfe Gedanken, wie man die Gebührenverweigerer besser zur Kasse bitten könnte. Unter der Leitung des Steuerrechtlers Paul Kirchhof entstand ein 85seitiges Gutachten, das den Weg von der Rundfunkgebühr zur Haushaltsabgabe wies. Für die Abwehr von Klagen gegen die Haushaltsabgabe ist Kirchhofs Bruder, der Bundesverfassungsrichter Ferdinand Kirchhof, zuständig.
In ihrer Dissertation stellte Frau Terschüren fest, daß auch schon die alte Rundfunkgebühr keine Gebühr, sondern faktisch eine Steuer war. Es handelte sich um eine sogenannte Zwecksteuer, ähnlich wie die Kraftfahrzeugsteuer. Eine solche muß nicht an den Staat fließen, sondern kann direkt in den Nebenhaushalt, in diesem Fall an die Rundfunkanstalten, fließen. Doch Frau Terschüren sieht es als fraglich an, ob die Länder und die Rundfunkanstalten formell die Kompetenzen zur Einrichtung einer solchen Steuer besaßen, denn für die Einrichtung einer solchen Rundfunksteuer gab es keine Kompetenzgrundlage der Länder.
Daraus zieht die ehemalige NDR-Mitarbeiterin den Schluß, daß schon die Rundfunkgebühr finanz- und verfassungsrechtlich unzulässig war, da es sich bei ihrer Rechtsnatur um eine versteckte Zwecksteuer handelte, für deren Einrichtung bzw. Erhebung jedoch weder die Landesgesetzgeber noch die Rundfunkanstalten die erforderlichen Kompetenzen besaßen. Dies bedeutet, daß die GEZ-Gebührenzahler jahrzehntelang gezwungen wurden, eine rechts- und verfassungswidrige Steuer zu bezahlen.
Auf rechtswidriger Grundlage erhobene Steuern kann man eigentlich zurückfordern. Dafür wäre es angebracht, Interessengemeinschaften zu bilden und mit entsprechendem Rechtsbeistand das Geld zurückzufordern, das man in gutem Glauben an die Rechtmäßigkeit der Gebühren gezahlt hat.
Frau Terschüren kritisiert nicht grundsätzlich die Steuerfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern nur deren Verfassungswidrigkeit. Andererseits kann dennoch die Frage gestellt werden, wieso in der Marktwirtschaft sich Rundfunkanstalten mit Steuern finanzieren lassen und sich nicht dem Wettbewerb mit Privatsendern stellen müssen.
Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.