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In Stockholm veranstaltete der britische Arktos-Verlag eine gutbesuchte Konferenz zum Thema „Identität“
Was ist eigentlich „Identität“? Woher kommt sie, und in welchem Verhältnis steht sie zum Globalismus? Kann man Identitäten beliebig kreieren, verändern oder gar einfach ganz abschaffen? Der noch junge, in London ansässige Arktos-Verlag wollte diesen Fragen auf den Grund gehen und veranstaltete Ende Juni dieses Jahres einen Kongreß („Identität vs. Globalismus“) in Stockholm. Es sprachen Professor Paul Gottfried vom Elizabethtown College im US-amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania („Kultur-Marxismus“), der schwedische Rechtsanwalt Tobias Ridderstråle („Fakten des Julian Assange-Falles“), der österreichische Student und Arktos-Autor Markus Willinger („Generation Identität: Kriegserklärung an die 68er“), der Kopf des französischen Bloc Identitaire, Philippe Vardon („Bloc Identitaire“), und der Chefredakteur des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST!, Manuel Ochsenreiter („Der Krieg in Syrien“). Zudem stellte Arktos-Mitarbeiter John Morgan das Verlagsprogramm vor, und der schwedische Schriftsteller und Übersetzer Lars Holger Holm sprach über sein Buch Gotisk, das sich mit den Goten im früheren Skandinavien beschäftigt. Alle Referenten näherten sich dem Thema Identität aus verschiedenen Richtungen.
Mehr als 120 Zuhörer aus ganz Europa waren nach Stockholm gekommen, um die Frage nach der Identität zu diskutieren – unter ihnen viele Anhänger der sogenannten „Identitären Bewegung“. Paul Gottfried lieferte in seinem Beitrag zum Kultur-Marxismus die ideengeschichtliche Grundierung zum Thema. So sei der Kultur-Marxismus vor allem ein westliches Phänomen, welches in den ehemals marxistischen Ostblockstaaten – zumindest bis zum Kollaps der Sowjetunion 1989/90 – völlig unbekannt gewesen sei. Denn in der Kulturpolitik sei der real existierende Kommunismus stets „konservativ“ ausgerichtet gewesen. Orthodoxe Leninisten, so Gottfried, hätten einen Kulturmarxisten der Frankfurter Schule in ihren Reihen als „Fremdkörper“ betrachtet. Paul Gottfried weiß, wovon er spricht: In jungen Jahren war er selbst Schüler des Philosophen und Soziologen Herbert Marcuse, der auch als intellektueller Vater der sogenannten Neuen Linken gesehen wird.
Der Marxismus der Frankfurter Schule sei mit dem des Bolschewismus nicht zu vergleichen. Der Kultur-Marxismus habe stets auf die westlich-liberalen Gesellschaften Westeuropas und der USA abgezielt. Den Köpfen der Frankfurter Schule sei es vor allem darum gegangen, die Fundamente der westlichen Zivilisation zu attackieren, Professor Gottfried zählte als Beispiele die Familie, die Geschlechterrollen und die Hierarchien auf – aber auch nationale und kulturelle Identität seien in das Visier der Kultur-Marxisten gerückt. Am Ende sei diese Kulturrevolution sogar den Gründervätern der Neuen Linken zu weit gegangen. Paul Gottfried erinnerte sich an eine Anekdote aus dem Jahr 1964, als er bei Herbert Marcuse studierte. Marcuse sei damals zu einer feministischen Kundgebung auf dem Campus-Gelände eingeladen gewesen, der linke Übervater habe aber spöttisch abgelehnt. Die Geister, die er rief, nervten ihn am Ende selber.
Der schwedische Anwalt Tobias Ridderstråle analysierte den „Fall Julian Assange“. Assange ist der Gründer der Internet-Enthüllungsplattform Wiki-Leaks. Nachdem in Schweden im Herbst 2010 Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn erhoben wurden, wollte Großbritannien, wo er sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt, ihn dorthin überstellen. Assange bezeichnet die schwedischen Vorwürfe als Teil eines Komplotts gegen sich und befürchtet, daß er in der Folge an die USA ausgeliefert werden könne, wo er keinen fairen Prozeß erwartet. Im Juni 2012 floh Assange in die Botschaft Ecuadors in London und bat dort um politisches Asyl. Seitdem lebt er in der Botschaft. Auch der Jurist Ridderstråle sieht vor dem Hintergrund der Ermittlungen die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange als eine Kampagne der USA, den Internet-Enthüller Assange international zu diskreditieren – also am Ende eine globalistische Kampagne unter Einflußnahme auf die schwedische Justiz.
Markus Willinger und Philippe Vardon stellten die „Identitäre Generation“ vor. Willinger, 21 Jahre alter Student aus Österreich, veröffentlichte bei Arktos das Buch Die identitäre Generation. Eine Kriegserklärung an die 68er. Doch während in Österreich die Identitären bereits durch öffentlichkeitswirksame Aktionen von sich Reden machten, scheint die Szene in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor eine hauptsächlich virtuelle Facebook-Erscheinung zu sein. Philippe Vardon, einer der maßgeblichen Köpfe der Identitären in Frankreich, berichtete von dortigen imposanten aktionistischen Widerstandsaktionen. „Weder USA noch Allah“, faßte Vardon die Stoßrichtung zusammen. In der Vergangenheit besetzten die französischen Identitären beispielsweise die Moschee von Poitiers, jenem symbolträchtigen Ort in Frankreich, wo Karl Martell im Jahre 732 das Vordringen der Mauren auf Mitteleuropa stoppte. Auch an den Massenprotesten gegen die Einführung der Homoehe in Frankreich beteiligten sich Vardon und seine Mitstreiter.
ZUERST!-Chefredakteur Manuel Ochsenreiter sprach über den Krieg in Syrien, der im Gegensatz zur Berichterstattung in den etablierten internationalen Medien kein „Bürgerkrieg“ sei. „Im Prinzip findet dort der blutige Krieg zwischen Identität und Globalismus statt“, so Ochsenreiter, der bereits im Kriegsland als Berichterstatter war. Söldner und Dschihadisten aus mehr als 25 Nationen kämpften derzeit – massiv unterstützt vom Westen und den Golfmonarchien – gegen die syrische Armee. Die sogenannten „Rebellen“ führten eine „brutale Mischung aus Partisanen- und Terrorkrieg“ gegen die syrische Zivilbevölkerung. Verschiedene westliche Ideen zur faktischen Zerschlagung und Aufteilung des syrischen Staates in verschiedene religiöse Entitäten zeigten, daß sich dieser Krieg auch gegen die historisch gewachsene syrische Identität richte, so Manuel Ochsenreiter.
Der Geschäftsführer von Arktos, Daniel Friberg, äußerte sich gegenüber ZUERST! zufrieden über diese mittlerweile fünfte Veranstaltung seines Verlages. Die europäische Vernetzung identitärer und rechter Projekte sei wichtig, so Friberg weiter. „Woher sollen denn sonst die guten Ideen für die Zukunft unseres Kontinents kommen?“
Carsten Fromm