(Foto: flickr/Images_of_Money, CC BY 2.0)
Berlin. In einem Vortrag an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main bezog der Multimilliardär und Großinvestor György Schwartz, der sich heute George Soros nennt, eine klare Stellung.
Es sei nicht länger möglich, eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Staatsanleihen zu haben. Die Grundidee eines freiwilligen Zusammenschlusses mehrerer Staaten zu einer Union existiere in dieser Form nicht mehr. In der EU leben heute faktisch Gläubiger und Schuldner unter einem Dach zusammen. Das könne nicht gutgehen, weil die Interessen zu unterschiedlich seien. Soros beklagte, daß Deutschland nicht bereit sei, der Idee der Vergemeinschaftung der Schulden näherzutreten. Die Idee von Eurobonds werde nicht einmal diskutiert.
Aus alledem zog Soros eine eindeutige Schlußfolgerung: „Es ist die Entscheidung Deutschlands, ob es der Einführung von Eurobonds zustimmen will. Aber Deutschland hat kein Recht, die massiv überschuldeten Staaten davon abzuhalten, ihre Misere dadurch zu überwinden, daß sie gemeinsame Eurobonds einführen. Mit anderen Worten: Wenn Deutschland Eurobonds ablehnt, sollte es überlegen, den Euro zu verlassen, und zulassen, daß die anderen Staaten die Eurobonds einführen.“
Soros meint, die europäischen Staaten hätten ohne Deutschland eigentlich nur Vorteile durch Eurobonds. Sie könnten den Euro abwerten, wodurch ihre Produkte wieder wettbewerbsfähig würden. Soros vertritt die Auffassung, daß nur Deutschland den Euro verlassen könne, weil ein Austritt etwa Italiens das Land an seinen Schulden zerbrechen lassen würde. Dies hätte verheerende Folgen für die ganze Euro-Zone, es würde zum ungeordneten Zerfall kommen. Der Euro-Austritt Italiens würde „den Rest Europas und den Rest der Welt in eine unkontrollierbare finanzielle Kernschmelze treiben“.
Wenn es aber nicht gelinge, die Deutschen von Eurobonds zu überzeugen, dann sei es besser, daß Deutschland austrete und dem Rest der Euro-Zone eine Überlebenschance gebe.
Beobachter erwarten allerdings, daß Bundeskanzlerin Angela Merkel nur auf Zeit spielt. Sie fürchtet einen Euro-Austritt und könnte nach der Wahl doch der Vergemeinschaftung der Schulden in Europa zustimmen. So sieht es auch Jeremy Warner, Analyst beim Londoner „Daily Telegraph“ und einer der angesehensten Finanz-Kommentatoren der City. Durch die Einführung von Eurobonds würden die Schulden in Europa gleichmäßig auf alle Mitgliedstaaten verteilt. Der Euro könne als Währung nicht überleben, solange es keine voll ausgeprägte Bankenunion mit gemeinsamen Rücklagen, Absicherungen und einem Mindestmaß an gemeinsamen Schulden gebe, sagte Warner. Sollte es nach den Bundestagswahlen im September zu einer großen Koalition aus CDU und SPD kommen, könnte ein Großprojekt wie die Vergemeinschaftung der europäischen Schulden durch Eurobonds angegangen werden. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die notwendigen Änderungen der Verfassung wäre dann ebenfalls kein Problem mehr.
Die Grünen haben mit ihrer Forderung nach „mehr Europa“ ohnehin schon längst verkündet, daß es ihnen mit der Vergemeinschaftung der Schulden gar nicht schnell genug gehen kann. Warner und viele internationale Beobachter erwarten daher das Einknicken der deutschen Kanzlerin. Sie will nach der Einschätzung des Analysten ihr Prestigeprojekt Euro mit allen Mitteln retten. Zu diesem Zweck könnte Merkel dann auch die bisher von Bundesbank und Bundesregierung eingenommene Haltung eines strikten Neins zu den Eurobonds aufgeben. Und für den Fall, daß ein rot-grünes Bündnis regieren würde, könnte die CDU noch Steigbügelhalter für die Eurobonds spielen.
Obwohl am 16. April im „Handelsblatt“ von einer „repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts“ berichtet wurde, in der sich 69 Prozent der Deutschen für und nur 27 Prozent gegen den Euro ausgesprochen hätten, glaubt Soros, daß ein Referendum heute in Deutschland zur glatten Ablehnung des Euro führen würde. Damit hätte der gerne als „Philanthrop“ auftretende Multimilliardär vermutlich sogar recht – einer der Gründe, warum es in Deutschland keine Volksabstimmungen gibt.
Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.