Brüssel. Die EU versucht, ihr „Flüchtlings“-Umverteilungsverfahren zu retten und neu zu regeln. Jetzt gibt es dazu einen „Kompromißvorschlag“ der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft. Er sieht vor, daß Länder wie Ungarn und die Slowakei künftig auf der Basis eines festen Systems gezwungen werden könnten, gegen ihren Willen „schutzbedürftige Menschen“ aufzunehmen.
Dem Vorschlag zufolge soll dies dann möglich sein, wenn ein anderes Land deutlich mehr belastet ist, als es dies bei einer fairen EU-weiten Umverteilung von Asylsuchenden wäre. Die EU-Kommission würde dazu unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Bevölkerungsgröße und der Wirtschaftskraft festlegen, wie viele Asylsuchende ein EU-Staat bei einer „gerechten Verteilung“ aufnehmen müßte. Dann würde regelmäßig ermittelt, wie die reale Verteilung aussieht.
Sobald ein Land 50 Prozent über seinem „fairen Anteil“ liegt und freiwillige Hilfen nicht ausreichen, könnte die EU-Kommission eine Umverteilung von Asylsuchenden anordnen. Eine solche Anordnung könnte nur über einen Beschluß des EU-Ministerrates doch noch verhindert werden.
Das neue System würde eine Abkehr von der bisher gültigen Dublin-Verordnung bedeuten. Diese sieht vor, daß grundsätzlich jenes Land für das Asylverfahren zuständig ist, in dem ein Schutzsuchender das erste Mal einen Asylantrag gestellt hat oder in dem er nachweislich EU-Boden betreten hat. Das Dublin-Verfahren hat sich allerdings in der zurückliegenden „Flüchtlings“-Krise als nicht gangbar erwiesen, weil Griechenland völlig überfordert wurde.
Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, daß Länder wie Ungarn, Polen oder die Slowakei, die sich schon jetzt gegen die Aufnahme von „Flüchtlingen“ wehren, dem „Kompromißvorschlag“ zustimmen. Letztlich könnte er aber auch mit einer qualifizierten Mehrheit der EU-Staaten angenommen werden. Weitere Konflikte sind mithin vorprogrammiert. (mü)