Paris. Kein schöner Zug – ausgerechnet an seinem 89. Geburtstag wurde der Gründer und langjährige Vorsitzende des Front National, Jean-Marie Le Pen, von seiner Tochter Marine von einer Vorstandssitzung der Partei ausgeschlossen und durfte die Parteizentrale nicht betreten.
Parteichefin Marine Le Pen, die unlängst bei der Parlamentswahl erstmals ein Mandat in der französischen Nationalversammlung erringen konnte, hatte bereits zuvor erklärt, daß ihr Vater nicht willkommen sei. Le Pen senior kam trotzdem – mit einem Anwalt, der bezeugen sollte, wie er ausgesperrt wird. Am verschlossenen Tor erklärte er: „Ich bin zu alt, um über Tore zu klettern.“ Und: Marine habe ihm mit dem Ausschluß aus dem FN-Meeting ein besonders herzliches Geburtstagsgeschenk bereitet.
Jean-Marie Le Pen kritisierte bei dieser Gelegenheit Medienvertretern gegenüber das schwache Abschneiden des Front National bei der Parlamentswahl. Auf die Frage, ob seine Tochter als Parteichefin zurücktreten solle, sagte er: „Ich denke schon“.
Le Pen war 2015 auf Betreiben seiner Tochter aus der Partei ausgeschlossen worden, er ist aber weiterhin Ehrenvorsitzender. Ein Gericht hatte den Parteiausschluß im November bestätigt. Marine Le Pen hatte wegen verschiedener „umstrittener“ Äußerungen ihres Vaters zur jüngeren Zeitgeschichte mit diesem gebrochen. (mü)
Marine Le Pen hat richtig gehandelt! Eine Nichtaussperrung ihres Vaters wäre das falsche Signal gewesen. Denn hier ging es nicht um Familienbelange, sondern darum, der Öffentlichkeit wiederholt glaubhaft zu zeigen, daß der Front National endgültig mit der politischen Ausrichtung ihres Vaters gebrochen und einen rechtsbürgerlichen Weg eingeschlagen hat. Daß Macrons Partei einen dermaßen großen Zuspruch in der Wählerschaft erhalten hat, spricht doch Bände.
Dessenungeachtet muß das ja nicht unbedingt heißen, daß Marine Le Pen und ihr Vater sich privat nicht mal treffen können, beispielsweise in einem Cafe zu Kaffee und Kuchen.
Der verhaltene Erfolg des FN ist wohl auch auf die Differenzen zwischen J.M. und Marine zurückzuführen. Es dürfte immer heikel sein eine Partei als Familienunternehmen zu handhaben.
Davon abgesehen ist der Erfolg von Marine Le Pen durchaus beachtenswert. Allerdings denke ich nicht, dass der FN in der jetzigen Zusammensetzung an der Spitze in absehbarer Zeit die Geschicke Frankreichs bestimmen kann.
Auch sollte darauf geachtet werden ob der FN unter Marine Le Pen nicht auch zentrale Inhalte der Partei der Machtoption opfert.
Marine wird erleben, daß ihr eigenes Verhalten dem Vater gegenüber, das Verhalten von Marion bestimmt, wenn der Tag ihrer eigenen Ablösung kommt.