„Wider das Volk“ – Gedanken zum NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

3. März 2017
„Wider das Volk“ – Gedanken zum NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts
National
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Foto: Symbolbild

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar nicht die NPD verboten, aber dafür den „ethnischen Volksbegriff“ für verfassungswidrig erklärt

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Daß der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe am 17. Januar einstimmig den NPD-Verbotsantrag des Bundesrats abgewiesen hat, ist weder für die Partei selbst noch für irgendeinen deutschen Patrioten ein Grund zur Freude. Denn die Partei wurde nur deshalb nicht verboten, weil sie angeblich keine reale Gefahr für die zu schützende freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt. Deshalb „bedarf es des präventiven Schutzes der Verfassung durch ein Parteiverbot nicht“, so das Gericht. Dieses Kriterium ist jedoch nicht originär deutsches, sondern europäisches Recht, das allerdings eben auch hierzulande bindend ist.

Das deutsche Höchstgericht hätte also im Fall einer Verbotsentscheidung befürchten müssen, vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine deftige Klatsche zu bekommen. Dies galt es zu vermeiden, daher sind die Richter auf die geradezu perfide Lösung verfallen, die NPD zwar nicht zu verbieten, aber dennoch auf rund 300 Seiten für verfassungsfeindlich zu erklären. Bei einem Verbot wäre eine derartig ausführliche Beweisführung und Begründung gewiß angemessen gewesen, angesichts der Zurückweisung des Verbotsantrags ist sie völlig unverhältnismäßig. Genau dies nährt den Verdacht, daß es bei dem Richterspruch um sehr viel mehr ging.

Dreh- und Angelpunkt der angeblichen Verfassungswidrigkeit sei der „ethnische Volksbegriff“. Wie aus der Urteilslektüre zweifelsfrei hervorgeht, macht sich das Gericht eins zu eins die Anschauung der Antragstellerin (Bundesrat) zu eigen, daß ein solcher Volksbegriff gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip gerichtet sei. Auf der Grundlage dieses Volksbegriffs würde die Partei allen „ethnisch Nichtdeutschen“ die persönliche Achtung, die rechtliche Gleichheit und die Beteiligung an der politischen Willensbildung absprechen, behauptet Karlsruhe. Die Botschaft: Wer das Volk als (auch) ethnisch geprägte Gemeinschaft ansieht, steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes.

Führt man diesen Gedanken konsequent weiter, galt in der Bundesrepublik Deutschland von ihrer Gründung an bis zum Jahre 2000 ein verfassungswidriges, weil auf dem Abstammungsprinzip gründendes Staatsangehörigkeitsrecht. Und auch der Artikel 116 des Grundgesetzes sagt zwar, daß als Deutscher gilt, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, bezieht aber in Absatz 1 zugleich die Vertriebenen „deutscher Volkszugehörigkeit“ ein, also eine „ethnische“ Kategorie.

Mithin wäre das Grundgesetz „selber verfassungswidrig, was offensichtlich absurd ist“, wie Manuel Peters in eigentümlich frei treffend bemerkt. Die Brandmarkung von Herkunft beziehungsweise Abstammung als Merkmal der Volkszugehörigkeit steht aber nun einmal im Urteil. Damit ist auch klar, was die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und aktuelle Präsidentin des Bundesrats Malu Dreyer (SPD) meinte, als sie das Urteil mit den Worten kommentierte: „Alle Parteien, die im rechtspopulistischen Bereich unterwegs sind, werden sich dieses Urteil sehr genau betrachten.“ Wohl nicht nur zufällig hat das Gericht die AfD schon „ganz beiläufig“ erwähnt. Die von Robin Classen in der Blauen Narzisse ausgedrückte Befürchtung, daß mit diesem Urteil „der schleichende Beginn einer Patriotenverfolgung mit einer bislang in diesem System ungekannten Repressionsintensität beginnen könnte“, ist nicht von der Hand zu weisen.

Zumindest für die Gegner der NPD tun sich mit diesem Urteil bisher ungeahnte Möglichkeiten auf, da deren „Verfassungsfeindlichkeit“ nun offiziell ist. Welchem Arbeitgeber kann jetzt noch zugemutet werden, einen „Verfassungsfeind“ zu beschäftigen? Welchen Vermieter wird ein Gericht noch dazu zwingen, der NPD Räume zu vermieten? Von welcher Bank kann man erwarten, ein NPD-Konto zu führen? Alle dürfen sie jetzt mit dem Urteil aus Karlsruhe winken. Und wenn sich dann eine gewisse Urteilspraxis eingebürgert hat, sind im nächsten Schritt alle anderen fällig, die es wagen, sich noch auf einen „ethnischen Volksbegriff“ zu beziehen.

Überdies hatte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle höchstpersönlich den Etablierten einen guten Tip gegeben. Man könne extremistische Parteien einfach von der staatlichen Finanzierung ausschließen, dazu müßte man nur das Grundgesetz ändern. Es wurde nicht lange gefackelt: Gleich im Februar brachte das Land Niedersachsen einen entsprechenden Gesetzantrag in den Bundesrat ein. Dazu wurde flugs die „Chancengleichheit der Parteien“ neu interpretiert. Diese sei „einer systemimmanenten Modifizierung zugänglich, die durch besondere zwingende Gründe getragen sein muß“, heißt es im Antrag. Und die „wehrhafte Demokratie“ sei doch zwingend.

Dorian Rehwaldt

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3 Kommentare

  1. Eidgenosse sagt:

    Das sogenannte BVG verbiegt die Verfassungslinie immer weiter in Richtung verfassungswidrig (das BVG urteilt gegen die Verfassung) so dass sich auch die AfD blitzschnell ausserhalb des Bogens befindet, den das BVG noch zulässt. Indem das BVG also immer stärker verfassungswidrig urteilt, befindet sich bald jede national-freiheitliche Organsisation im undefinierten Bereich „verfassungsfeindlich“. Entweder eine Partei ist als „verfassungswidrig“ verboten oder sie unterliegt weiterhin dem Parteienprivileg. Man will der NPD damit die öffentlichen Gelder verweigern damit für die Deutschland-Abschaffer und Antifanten noch mehr übrig bleibt. Damit ist der „Rechtsstaat“ BRD endgültig an die Wand gefahren und der Herr Vosskuhle sollte sich schon mal im Ausland nach einem Exil umsehen. In der Schweiz wollen wir den aber nicht sehen!

  2. jacky sagt:

    Von der zur Rede stehenden Partei wird immer wieder behauptet, dass sie zu 20% von Personen des Verfassungsschutzes unterwandert ist.
    Arbeitslos dürfen diese Personen nicht werden, ergo darf das, was man bekämpft, nicht verboten werden.
    Genauso oft wird darüber berichtet, dass die BRD keine Verfassung hat. Nur ein Grundgesetz. Und da eben alles dehnbar ist, müssen auch hier stärkere Gummibänder eingebaut werden.

  3. S. Horst sagt:

    Die sog. Kirchen mit ihrem ausgeprägten globalistischen Führerprinzip, besonders der Papismus, sind strukturell das krasseste Gegenteil eines demokratischen Systems und müssten daher verboten sein – wäre da nicht für die Weimarer Reichsverfassung eine ausdrückliche Ausnahmegenehmigung erfunden worden, die wenig beachtet ins GG weitergeschleppt worden ist. Beim Volksbegriff aber schrecken die Verfassungshüter aus dem Schlaf oder sind von Hintergrundmächten unsanft aufgeweckt worden. Allerdings kommt seit der Antike das uns fremde aus dem Römischen Reich stammende Recht (Privatrecht, wörtlich Raubrecht) mit heimischem Recht (Allmenderecht, Gemeinschaftsrecht) in Konflikt: Beispiele: Hermann der Cherusker, Wittekind, Störtebeker, Robin Hood, Wildschütz Jennerwein …

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