„Der Euro-Crashkurs geht weiter“ – Farce um Griechenland und die EU

24. Juli 2015
„Der Euro-Crashkurs geht weiter“ – Farce um Griechenland und die EU
Dr. Stefan Scheil
25
Foto: Symbolbild

Nach einem 17stündigen Sitzungsmarathon haben sich die Euro-Länder mit Griechenland am 13. Juli über die Bedingungen zur Verhandlungsaufnahme über ein neues Hilfsprogramm geeinigt. Die Reformmaßnahmen, die Griechenland jetzt umsetzen muß, sind härter als das, was das griechische Volk in einer Volksbefragung zuvor noch deutlich abgelehnt hatte. Damals ging es noch um Sparmaßnahmen, um an das Geld aus dem zweiten Hilfspaket zu kommen. Die Auflagen für das jetzige Hilfspaket sind noch strenger. Dieses Mal konnte Alexis Tsipras jedoch nicht mehr auf Zeit spielen, weil sein Land kurz vor dem Bankrott steht.

Die Bedingungen, die Griechenlands Premier Tsipras letztlich annehmen mußte, umfassen u.a. eine Reform des Rentensystems, vermehrte Privatisierungen von Staatseigentum, Liberalisierung des Arbeitsmarktes, Einrichtung eines Privatisierungsfonds von rund 50 Milliarden Euro, aus dem heraus griechische Verbindlichkeiten beglichen werden sollen. Dieses Programm sollte das griechische Parlament innerhalb von drei Tagen abnicken und mindestens zum Teil in Kraft setzen, während sechs Volksvertretungen anderer EU-Staaten, darunter der Deutsche Bundestag, den Maßnahmen ebenfalls zustimmen mußten.

War‘s das jetzt? Ist Griechenland, sind der Euro und die EU nun gerettet? Große Zweifel sind angebracht. Zunächst einmal hat die Demokratie Schaden genommen. Warum ließ Tsipras das Volk befragen, um eine Woche später – dem Volkswillen zuwider – noch viel härteren Bedingungen zuzustimmen? Die Griechen müssen sich betrogen fühlen. Und das zu Recht. Und was berechtigt die EU-Granden um Angela Merkel, Jean-Claude Juncker oder Jeroen Dijsselbloem zu der Hoffnung, die griechische Regierung meine es diesmal ernst mit der Umsetzung der Reformbestrebungen?

Mit der Ignorierung des Willens der Griechen hatte die Regierung Tsipras doch eben erst demonstriert, daß man ihr nicht trauen kann. Für uns Deutsche heißt das wohl, daß wir weiterhin für die griechischen Schulden werden aufkommen müssen. Der Euro-Crashkurs geht weiter. Ein Ende dieses Schreckens ist nicht abzusehen.

Olaf Haselhorst ist Chefredakteur der gesamtdeutschen Monatszeitschrift “Der Schlesier”

 

25 Kommentare

  1. Der Rechner sagt:

    Im Zeitraum Januar bis Juli 2015 betrug der Rückgang der ordentlichen Steuereinnahmen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum 1.912 Millionen Euro.

    https://www.minfin.gr/sites/default/files/financial_files/GENERAL%20GOVERNMENT%20MONTHLY%20BULLETIN%20JULY%202015.pdf

    Das ist eine Zunahme des Rückgangs im Vergleich zur Vorjahresperiode von 1.052 Millionen Euro gegenüber der Periode Januar bis Juni.

    Anders ausgedrückt:

    Während im Zeitraum Januar bis Juni 2015 der Rückgang der Steuereinnahmen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum noch 4,2% betrug, lag er im Zeitraum Januar bis Juli 2015 bei 8,3%.

    Die Griechen retten ihr Geld offensichtlich erfolgreich vor dem griechischen Staat – wir sollten es ihnen gleich tun.

    Eine Steuermindereinnahme von 1,052 Mrd Euro in nur einem Monat ist bei jährlichen Staatseinnahmen von 82 Mrd (2014) nicht zu verkraften.

    Die Zahlen, auf deren Basis das 3. Hilfspaket verabschiedet wurde, sind schon wieder Makulatur.

    Auf Grundlage der Entwicklung im Juli wäre ein Haushaltsdefizit 2015 von 9 Milliarden oder etwa 5-6% BIP (je nach BIP) zu erwarten.

    Primärüberschuß Ade.

    Hier gibt es nichts mehr zu retten.

  2. Der Rechner sagt:

    Wie nicht anders zu erwarten ist unter der Regierung Tsipras im ersten Quartal die zuvor erfolgte Haushaltskonsolidierung wieder zunichte gemacht worden.

    Das Staatsdefizit über die jeweils letzten 12 Monate betrug in % BIP:

    Mär 2014: 10,3% (Hier sind die hohen Kosten der 1. Bankenrettung mit enthalten)
    Jun 2014: 3,0%
    Sep 2014: 2,3%
    Dez 2014: 3,5%
    Mär 2015: 4,6%

    [Alle Zahlen eurostat oder eigene Berechnungen basierend auf Zahlen von eurostat]

    Wer sich fragt, wie die griechische Regierung in Abwesenheit ausländischer Hilfszahlungen zwischen August 2014 und Juli 2015 wohl das Staatsdefizit finanziert haben mag sei auf den „Lieferantenkredit“ verwiesen.

    Nichtbezahlen von Rechnungen ist neben der Plünderung der letzten Reserven in öffentlichen Körperschaften (Gebietskörperschaften, Versicherungen, Museen, Krankenhäusern …) die Finanzierungsquelle der Tsipras-Regierung gewesen.

    Aber jetzt ist man ja wieder flüssig – dank erstem Schuß von 20 Milliarden.

  3. Der Rechner sagt:

    „Fast im Minutentakt treffen von der nahegelegenen türkischen Seite die lebensgefährlich überfüllten Boote der Schlepperbanden ein. Freiwillige nehmen diese 40 Flüchtlinge in Empfang, versorgen sie mit dem nötigsten. Syrer, Afghanen, Eriträer – fast alle wollen nach Europa und Deutschland.

    Chaotisch und oft menschenunwürdig sind die Zustände auf Lesbos, so wie hier in der Hauptstadt Mitilini. Über zwanzigtausend Flüchtlinge leben zwischen Häusern, unter improvisierten Zelten, ohne sanitäre Anlagen, ohne ausreichende Verpflegung, alleingelassen von den Behörden. Auch ihre Registrierung wurde nach gewalttätigen Zwischenfällen für Tage ausgesetzt. Doch nur, wer diese hat, kann Lesbos verlassen.

    Schon vor fünf Monaten, als der Flüchtlingsstrom begann, haben wir den griechischen Staat um sofortige Hilfe gebeten – um mehr Schiffe, und um alles, was man zur menschenwürdigen Versorgung der Flüchtlinge braucht [Christiana Kalogirou, Gouverneurin Nord-Ägäis]. Bis heute haben wir nicht einmal eine Antwort bekommen.

    Jeden Tag kämpfen tausende Flüchtlinge um einen Platz auf einer der wenigen Fähren Richtung Athen. Die griechische Regierung fordert von der EU 430 Millionen Euro Soforthilfe für die Versorgung und den Transport der Flüchtlinge. DOCH DIE EU-KOMMISSION ZÖGERT – MAN HABE KEIN VERTRAUEN IN DIE EFFEKTIVE VERWENDUNG DER MITTEL.“

    https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-115173.html

    Selbst die ansonsten so vertrauensselige EU-Kommission hat gemerkt, daß Mittel, die man der griechischen Regierung gibt, im allgemeinen in dunkelen Kanälen versickern.

    Hilfe für den gescheiterten Staat Griechenland kann nur in Sachhilfe bestehen – mit anderen Worten Infrastruktur für die Flüchtlingsbehandlung die von Bundeswehr, technischem Hilfswerk und Arbeitersamariterbund erstellt und betrieben wird.

    Weiterreise auf das europäische Festland ist auszuschließen – die Bootsflüchtlinge in Lesbos kommen ausnahmslos aus der sicheren Türkei und sind somit Wirtschaftsflüchtlinge. Vielmehr ist die Rückschiebung in die Türkei zu veranlassen.

Schreibe einen Kommentar

Die maximale Zeichenanzahl bei Kommentaren ist auf 2000 begrenzt.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.