ZUERST!-Chefredakteur Ochsenreiter: „Mißbrauch des Inlandsgeheimdienstes als politisches Instrument gegen mißliebige Gruppen“

23. Oktober 2018
ZUERST!-Chefredakteur Ochsenreiter: „Mißbrauch des Inlandsgeheimdienstes als politisches Instrument gegen mißliebige Gruppen“
National
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Foto: Symbolbild

Seit vergangenem Freitag können Sie die November-Ausgabe des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST! im Zeitschriftenhandel erwerben. Das Editorial von Chefredakteur Manuel Ochsenreiter beschäftigt sich diesmal mit der von der Bundesregierung in Stellung gebrachten Vergeltungswaffe gegen die zur stärksten Oppositionskraft angewachsene AfD. Der Verfassungsschutz soll als politisches Kampfinstrument die Opposition mundtot machen.

Lesen Sie nun exklusiv den Kommentar aus der aktuellen Ausgabe von ZUERST!

In einem Land herrscht ein Regierungschef 13 Jahre lang mit wechselnden Mehrheiten ununterbrochen. Zunächst stimmen bei allen wichtigen Projekten die Oppositionsparteien mit der Regierung. Politische Auseinandersetzungen gibt es allenfalls zu marginalen Detailfragen. Nach zwölf Jahren dieses Einheitspartei-Systems schafft es plötzlich eine politische Partei in das Parlament, die mit keinem der großen Projekte einverstanden ist. Sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik klaffen Welten zwischen der Regierung und den „handzahmen“ Parteien im Parlament und der neuen politischen Kraft.

Diese neue Partei mußte bereits vor ihrem Einzug ins Parlament mit allerlei Widrigkeiten kämpfen. Gemietete Säle und Hallen wurden gekündigt. Funktionäre und Kandidaten wurden regelmäßig Opfer von gewalttätigen Übergriffen, Parteibüros wurden verwüstet. Angehörige der Regierungsparteien rechtfertigten diese Angriffe oder machten sich in sozialen Medien darüber lustig. Auch die Amtskirchen, Gewerkschaften und ganze Berufsverbände wurden unter dem Beifall von Regierungsvertretern schnell „auf Kurs“ gebracht – sie alle positionierten sich lautstark gegen die neue Oppositionskraft. Die Staatsmedien nutzten jede Gelegenheit, um gegen die neue Partei zu hetzen. Sie sei „extremistisch“, sie stehe außerhalb des „Konsenses“.

Jetzt sitzt sie im Parlament, in den Umfragen wird die neue Partei immer stärker – trotz der Kampagnenwut der Regierung und der ihr nahestehenden Medien und Verbände. Nun greift die Regierung zum letzten Mittel, sie will den Inlandsgeheimdienst auf die Oppositionspartei ansetzen. Da dies juristisch nicht so einfach ist, mußte man davor noch den etwas störrischen Geheimdienstchef aus dem Amt entfernen und ersetzen.

Mit einer Beobachtung durch den Nachrichtendienst ergeben sich für die Regierenden völlig neue Möglichkeiten: Staatsbedienstete unter den Mitgliedern der Oppositionskraft können unter Druck gesetzt werden, die Partei zu verlassen, auch sonst kann man den sozialen und wirtschaftlichen Druck auf die Mitglieder erhöhen. Bei der nächsten großen Wahl zum nationalen Parlament soll diese Oppositionspartei entweder völlig marginalisiert sein oder gar nicht mehr existent, fordern verschiedene regierungsnahe Journalisten und Politologen in den Medien.

Jedem ZUERST!-Leser dürfte klar sein: Dieses Land ist nicht etwa Weißrußland oder Venezuela, wir reden von der Bundesrepublik Deutschland. Der seit 13 Jahren amtierende Regierungschef ist Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Inlandsgeheimdienst der Verfassungsschutz – und die neue Oppositionspartei die Alternative für Deutschland (AfD), die seit September letzten Jahres mit 92 Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten ist.

Der Mißbrauch des Inlandsgeheimdienstes als politisches Instrument gegen mißliebige politische Gruppen hat eine lange Tradition in der Bundesrepublik Deutschland. Es geht dabei meist nicht darum, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, sondern darum, die politische Konkurrenz zu bekämpfen, kleinzuhalten. Eine Drohung, die man ernst nehmen muß. Unbedingt. Vor allem bei dieser Bundesregierung. In Deutschland, nicht in Venezuela oder Weißrußland.

Manuel Ochsenreiter ist Chefredakteur des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST!

Ältere Ausgaben der ZUERST! können Sie hier erwerben: https://netzladen.lesenundschenken.de/zeitschriften/zuerst/

3 Kommentare

  1. Ermin sagt:

    So ähnlich war es schon immer: Hexenverfolgung im Mittelalter, Liberalenverfolung im 19. Jahrhundert (Vormärz). In den 1920er Jahren wurden Nationalisten von Kommunisten verfolgt, in den 1930er Jahren Kommunisten von Nationalsozialisten. In den 1950er Jahren gab es in den USA die McCarthy-Ära wie zuvor in der Sowjetunion den Stalinismus. Es kommt ohnehin kaum allein auf die AfD an, sondern auf das ganze Volk.

  2. Deutsche Beobachtungsstelle sagt:

    Ein sehr treffendes, aufrüttelndes Editorial, Herr Ochsenreiter!! Chapeau!
    Genau so sieht es aus mit der Perversität der aktuellen Machthaber und mit den unerträglichen, irren Zuständen in unserem Vaterland!
    Mielke wäre stolz auf solche unfairen, undemokratischen und intoleranten Methoden der Machthaber gegenüber Andersdenkenden!
    Nach fast 30 Jahren muss eine zweite friedliche Revolution her, um unsere Heimat noch irgendwie zu retten. Sonst bleiben uns nur noch die „Gallischen Dörfer“ und ein Ausharren auf verlorenem Posten!

    Patriotische Grüße aus Preußen!

  3. Ali Baba sagt:

    Die ganze Beschrebung /mit manchen Ausnahmen/ passt /nolens volens“/ zu der Situation in dem heutigen Russland.. Nur der alte/neue Zar amtiert schon ueber 18 Jahre und hat damit einen sichtbaren /wie im Sport/ Vorsprung
    ueber der Kanzlerin Merkel…

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