Sand im Getriebe: Ungarn stört die diskrete Kooperation der NATO mit der Ukraine

9. Dezember 2017
Sand im Getriebe: Ungarn stört die diskrete Kooperation der NATO mit der Ukraine
International
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Foto: Symbolbild

Budapest/Brüssel. Obwohl selbst NATO-Mitglied, streut Ungarn jetzt Sand ins Getriebe der – ohnehin fragwürdigen – NATO-Aktivitäten in Osteuropa. Budapest blockiert jetzt den von der NATO angestrebten Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Nicht-NATO-Mitglied Ukraine.

Ungarns Präsident Orbán will auf diese Weise den ukrainischen Präsidenten Poroschenko wegen seiner defizitären Minderheitenpoitik – insbesondere was die ungarische Minderheit in der Ukraine angeht – unter Druck setzen. Poroschenko hatte jüngst ein Bildungsgesetz unterzeichnet, das den Schulunterricht in den Sprachen der Minderheiten nur noch in eingeschränkter Form zuläßt. An Grundschulen soll künftig nur noch in ukrainischer Sprache unterrichtet werden. Davon ist vor allem die russische, aber auch die ungarische Minderheit in der Ukraine betroffen.

Die Querschüsse aus Budapest stören das hochsensible Spiel der NATO in der Ukraine erheblich – schon allein durch die dadurch bewirkte Publizität. Das westliche Militärbündnis, insbesondere die USA, aber auch Kanada und Großbritannien leisten den ukrainischen Streitkräften massive Schützenhilfe im Kampf gegen die abtrünnigen östlichen Landesteile, etwa durch Ausbildungsprogramme, aber auch handfeste Lieferungen von Militärmaterial. Die Ukraine wiederum ist mit Hochdruck bestrebt, ihre Streitkräfte auf NATO-Standards zu bringen. Schon 2008, lange vor dem vom Westen unterstützten Maidan-Putsch, hatte die NATO Kiew sogar eine konkrete Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt (wovon inzwischen allerdings wieder abgerückt wurde).

Nun sorgen sich NATO-Strategen darüber, daß die von Budapest gestörte Zusammenarbeit mit der Ukraine letztlich Rußland nützen könnte. Im schlimmsten Fall könnte das Thema sogar den NATO-Gipfel im kommenden Juli belasten.

Im Augenblick läßt sich der Konflikt schwer im verborgenen halten: für kommende Woche ist eigentlich ein Treffen der sogenannten NATO-Ukraine-Kommission auf Botschafterebene geplant. Aus Diplomatenkreisen verlautete inzwischen allerdings, Ungarn wolle bis auf weiteres Treffen auf höherer Ebene nicht mehr zulassen. (mü)

3 Kommentare

  1. Bernd Sydow sagt:

    Ist die NATO heute noch zeitgemäß? Eine Frage, die hierzulande aus dem öffentlichen Diskurs weitgehend herausgehalten wird (wäre sicherlich ein interessantes Thema für eine Talkshow).

    Das Militärbündnis NATO wurde seinerzeit zum Schutz ihrer Mitgliedsstaaten vor der militärischen Bedrohung von Seiten der kommunistischen Sowjetunion gegründet – aber wie gesagt, nur ihrer Mitglieder. Als die ungarische Regierung 1956 den Austritt Ungarns aus dem Warschauer Pakt bekanntgegeben hatte und sie daraufhin vom kommunistischen, sowjethörigen Staatssicherheitsdienst verhaftet worden war, kam es zum Aufstand des ungarischen Volkes gegen seine kommunistischen Unterdrücker, der schließlich von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wurde. Trotz eindringlicher Hilferufe der ungarischen Freiheitskämpfer griff die NATO (der Westen) nicht ein und überließ damit das ungarische Volk der kommunistischen Zwangsherrschaft. Anmerkung: Was in der Ukraine geschieht, ist mit Ungarn 1956 nicht vergleichbar! Der militärische Kampf gegen die ost-ukrainischen Separatisten, die die dortige Bevölkerung auf ihrer Seite haben, wird von der der Korruption verdächtigten Regierungsadministration geführt, nicht aber vom ukrainischen Volk.

    Seit 1991 nun gibt es die Sowjetunion und das von ihr dominierte Militärbündnis Warschauer Pakt nicht mehr; der Kalte Krieg war spätestens mit dem Fall des Eisernen Vorhanges 1989 zu Ende. Eine Bedrohung geht heute von Putins Rußland nicht mehr aus – um so unverständlicher ist das militärisch provokative Gebaren der NATO gegenüber der Russischen Föderation.

  2. Realist sagt:

    Das läuft der NATO-Expansion zuwider. Orban wird daher in ARD und ZDF sowie den anderen Mainstream-Medien in Deutschland und Europa weiterhin ziemlich schlecht wegkommen.

  3. vafti sagt:

    Den in der Ukraine lebenden Russen und Ungarn ihre Sprache nicht zu überlassen
    ist doch Irrsinn.

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