Prozeßfarce gegen Janukowytsch: Ukrainischer Ex-Präsident soll in Abwesenheit wegen „Staatsverrats“ abgeurteilt werden

11. Juli 2017
Prozeßfarce gegen Janukowytsch: Ukrainischer Ex-Präsident soll in Abwesenheit wegen „Staatsverrats“ abgeurteilt werden
International
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Foto: Symbolbild

Kiew. Von den internationalen „Qualitätsmedien“ weitgehend unbeachtet, wird an einem Kiewer Bezirksgericht seit Mai ein bemerkenswerter Prozeß gegen den früheren ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch wegen angeblichen „Staatsverrats“ geführt. Janukowytsch war im Februar 2014 von aus dem Westen unterstützten Umstürzlern aus dem Amt geputscht worden und mußte außer Landes gehen.

Am Donnerstag nun begann nach der Klärung der Prozeßformalien die eigentliche Verhandlung gegen Janukowytsch vor dem Kiewer Obolonski-Bezirksgericht. Der Angeklagte selbst ist nicht anwesend – er lehnt das Verfahren wegen elementarer Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien ab und hat bereits eine Anfechtung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg angekündigt.

Der vormalige Präsident verlangt stattdessen von dem Gericht eine grundsätzliche Aufklärung darüber, welche Rolle ausländische Akteure beim Putsch 2014 spielten. Es gehe insbesondere auch um die politische Verantwortung Frankreichs, Deutschlands und Polens. Die Außenminister der drei genannten Länder unterzeichneten kurz vor dem Umsturz Ende Februar 2014 ein Abkommen zwischen der teils bewaffneten Opposition und der Regierung in Kiew. Darin sagten die drei EU-Länder zu, als Garanten für eine verfassungsmäßige Lösung des damaligen innenpolitischen Konflikts einzutreten. Stattdessen kam es zu einem gewaltsamen Putsch.

Der Anwalt Janukowytschs, Vitali Serdjuk, bestätigte jetzt, dem Kiewer Gericht eine entsprechende Erklärung überreicht zu haben. Er besteht auf einer Einvernahme der involvierten West-Politiker.

Janukowytsch hatte am Mittwoch mitgeteilt, daß das Kiewer Verfahren gegen elementare rechtsstaatliche Grundsätze und Rechtsnormen verstoße und gesetzliche Verfahrensnormen ignoriere. So machte sich der derzeitige ukrainische Präsident Poroschenko persönlich für einen Gesetzentwurf stark, der Janukowytschs Verurteilung auch in Abwesenheit ermöglichen soll. Dieser wurde im Verlauf des bisherigen Verfahrens noch kein einziges Mal vernommen, etwa im Wege einer Videokonferenz. Auch wurde Janukowytsch vor der Anklageerhebung nicht, wie es eigentlich üblich ist, von der ukrainischen Staatsanwaltschaft befragt; auch dadurch wurde das Recht auf Verteidigung seitens des Angeklagten erheblich beeinträchtigt. (mü)

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