Karlsruhe: Bundesverfassungsgericht bricht Lanze für die Meinungsfreiheit

5. April 2017
Karlsruhe: Bundesverfassungsgericht bricht Lanze für die Meinungsfreiheit
Kultur & Gesellschaft
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Foto: Symbolbild

Karlsruhe. In einem Beschluß vom 8. Februar 2016, der heute veröffentlicht wurde, hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Lanze für die Meinungsfreiheit gebrochen. Sie gab der Verfassungsbeschwerde eines Bürgers statt, der zuvor durch drei Instanzen wegen „Schmähkritik“ verurteilt worden war, und hob die Entscheidungen auf. Hintergrund war eine Kundgebung der Bürgerbewegung PRO Köln im November 2011, die massiv von linken Gegendemonstranten behindert worden war. Besonders tat sich dabei der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck hervor, der die PRO-Anhänger „mehrfach wörtlich und sinngemäß als ‚braune Truppe‘ und ‚rechtsextreme Idioten‘ bezeichnet hatte“, wie es im Beschluß heißt.

Der damalige PRO-Chef reagierte unter anderem mit den Worten: „Ich sehe hier einen grünen Bundestagsabgeordneten, der Kommandos gibt, der sich hier als Obergauleiter aufführt!“ Daraufhin klagte ihn die Staatsanwaltschaft Köln wegen Beleidigung an. Wie Karlsruhe nun rügte, hätten das Kölner Amtsgericht, Landgericht und Oberlandesgericht die Äußerung in „verfassungsrechtlich nicht mehr tragbarer Weise als Schmähkritik“ eingeordnet und dabei „die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von der Äußerung Betroffenen“ unterlassen. Die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes schütze auch Kritik, die „pointiert, polemisch und überspitzt“ erfolgt. (dr)

Ein Kommentar

  1. Bernd Sydow sagt:

    Der Satz des BVerfG aus seiner Urteilsbegründung „Die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes schützt auch Kritik, die pointiert, polemisch und überspitzt erfolgt“ ist angesichts der Debatte über „Fake-News“ und „Hate-Speech“ in den sozialen Medien eine kleine Sensation. Denn dieser wirft die Frage auf, wer eigentlich darüber entscheidet, ob ein zorniger Kommentar oder eine subjektive Behauptung im Internet oder in den Sozialmedien noch „pointiert, polemisch, überspitzt“ und damit zulässig ist, oder bereits unter das beabsichtigte Verbots- und Löschungsgesetz fällt, welches insbesondere von den beiden politisch äußerst linken Ministern im Merkel-Kabinett, Justizminister Maas und Familienministerin Schwesig, vorangetrieben wird.

    Ob Mainstream-Medien und „Qualitätspresse“ über dieses BVerfG-Urteil mit Grundsatzcharakter in gebührender Weise berichten, halte ich für zweifelhaft. Wie deren bisherige Praxis gezeigt hat, werden solche Urteile, die die Meinungsäußerungsfreiheit von Andersdenkenden stärken, in der Regel entweder verschwiegen oder lediglich als Randnotiz gebracht.

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