Katholischer Bischof von Aleppo: Verheerende Syrien-Politik des Westens

20. November 2016

Damaskus. Der griechisch-katholische Erzbischof von Aleppo, Jean-Clement Jeanbart, ist mit der westlichen Syrien-Politik hart ins Gericht gegangen. In einem Interview mit dem katholischen Nachrichtenportal „kathpress“ kritisiert der katholische Würdenträger, daß die westliche Kriegspolitik christliches Leben in Syrien aufs höchste gefährde und nur eine Friedenslösung das Überleben der christlichen Gemeinden sichern könne.

Wörtlich sagte Jeanbart im „kathpress“-Interview: „Wenn Ihr uns wirklich helfen wollt, dann beendet endlich diesen Krieg und laßt uns Christen weiter in unserer Heimat Syrien leben.“ Die Christen fürchteten sich vor der Zukunft. Daß ihre Kinder unter der Herrschaft eines fundamentalistisch-islamistischen Systems leben müßten, sei eine Horrorvorstellung für die Menschen.

Eine schallende Ohrfeige hat Jeanbart auch für westliche Medien und Politiker parat, die seit der US-Präsidentenwahl am 9. November unisono auf den neuen Mann im Weißen Haus einschlagen. Im Nahen Osten würde Donald Trump ungleich positiver gesehen als im Westen: „Das Positive an Trump: Wir wissen noch nicht, was er zu tun gedenkt.” So gebe es möglicherweise die Chance auf eine bessere Entwicklung. Mit Hillary Clinton wäre wohl klar gewesen, „daß sie die Politik der Zerstörung Syriens fortgesetzt hätte”, sagte der Bischof.

Im seit 2011 wütenden Syrien-Krieg könne es keine militärische Lösung geben. Die Konfliktparteien müßten an den Verhandlungstisch zurück – allerdings könne es mit den fundamentalistisch-terroristischen Gruppierungen keine Verhandlungen geben. Die vom Westen unterstützten „moderaten“ Rebellengruppen spielten praktisch kaum noch eine Rolle.

Auch zur Aufnahme christlicher Flüchtlinge im Westen äußerte sich der Bischof zurückhaltend. Er sieht darin aus naheliegenden Gründen keine erstrebenswerte Lösung. Wenn immer mehr Christen das Land verlassen, sei das ein schwerwiegender Verlust für das Christentum vor Ort und darüber hinaus für die gesamte syrische Gesellschaft, so Jeanbart. Gerade deshalb sei eine Friedenslösung so wichtig.

Im umkämpften Aleppo lebten einst 3,5 Millionen Menschen. Jetzt sind es laut Erzbischof Jeanbart noch 1,5 Millionen. Von den 160.000 Christen sind nur mehr 60.000 in der Stadt. Christliches Leben gibt es nur noch im Westteil. (mü)

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