China: Präsident Xi Jinping will transeurasische „neue Seidenstraße“ schaffen

15. April 2014
China: Präsident Xi Jinping will transeurasische „neue Seidenstraße“ schaffen
International
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Foto: Symbolbild

Berlin/Peking. Da wird der chinesische Präsident Xi Jinping aber ganz schön kleinlaut geworden sein: als ihn Bundespräsident Gauck dieser Tage bei seinem Besuch in Deutschland auf Menschenrechtsverletzungen in China angesprochen hat…

Der „Spiegel“ weiß Genaueres: nämlich, daß der Gast aus China meist freundlich ist, oft zustimmend nickt, sich aber nichts entlocken läßt, was er nicht will: „Chinas Präsident lächelt stets. Er antwortet auch wortreich und höflich. Nur: Er sagt dabei nicht wirklich viel (…) bei den heiklen Themen dringen die Deutschen nicht durch.“

Andersherum ist dem chinesischen Gast allerdings ein wirtschaftspolitisches Meisterstück gelungen, mit dem Xi Jinping vor allem den Strategen jenseits des Atlantik Ärger bereiten dürfte. In Duisburg, der Stadt mit dem größten Binnenhafen der Welt und einem historischen Transport-Drehkreuz für die europäische und deutsche Stahlindustrie (mit Zentrum Ruhrgebiet), ließ er die Katze aus dem Sack und brachte ein ambitioniertes Projekt zur Sprache – das Vorhaben einer neuen „wirtschaftlichen Seidenstraße“ zwischen China und Europa. Davon hätte nicht nur die Bundesrepublik etwas, sondern ganz Europa.

Xi wurde konkret: Deutschland und China seien die beiden wirtschaftlichen Lokomotiven am jeweiligen Ende dieser „Seidenstraße“. Durch die Kooperation beim Projekt einer transeurasischen Eisenbahnverbindung und weiteren Infrastrukturvorhaben könnten völlig neue wirtschaftliche Zentren entlang der Route entstehen.

Historisch steht die „Seidenstraße“für ein Geflecht zum Teil uralter Handels- und Kulturverbindungen zwischen China und Zentral- und Südasien, Europa und dem Nahen Osten, die bis in der Zeit der Han-Dynastie, etwa 200 n Chr., zurückreichen.

Der chinesische Präsident meint es mit dem ehrgeizigen Projekt offenbar ernst, denn von der „wirtschaftlichen Seidenstraße“ und einer weiteren, der „maritimen Seidenstraße“, hatte er bereits im vergangenen November bei einer Rede während der dritten Plenarsitzung des 18. Zentralkomitees der Chinesischen Kommunistischen Partei gesprochen. Xis jüngste Initiative in Duisburg legt den Schluß nahe, daß die Idee für ihn ein konkretes strategisches Vorhaben ist. Die wachsende chinesische Wirtschaft ist dringend auf neue Exportmärkte angewiesen bzw. muß die vorhandenen sichern, um im eigenen Land die Gräben in der Entwicklung zwischen den hochentwickelten Küstenregionen wie Shanghai und den weniger entwickelten Regionen im Landesinneren zu schließen und darüber hinaus die Stabilität im wiedererstarkten Reich der Mitte zu wahren. Auch dafür wäre die „neue Seidenstraße“ gut, denn die Unruheprovinz Xinjiang, ein Zentrum radikalislamischer Umtriebe, läge direkt an der geplanten transeurasischen Entwicklungs-Magistrale.

Während die Kanzlerin – wie immer im Kielwasser Washingtons – noch kräftig für mehr Boykott gegen Rußland trommelt (und dabei Widerspruch aus Wirtschaftskreisen riskieren muß), ist der chinesische Gast in Duisburg dabei, Merkel ebenso dezent wie wirkungsvoll den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn die auf Jahrzehnte hinaus angelegte Kooperation mit den Chinesen setzt zwangsläufig voraus, daß auch die Russen mit im Boot sind.

Xi unterbreitete seinen Duisburger Vorschlag im Rahmen einer regelrechten chinesischen Wirtschaftsoffensive. Eine Woche vor seinem Abflug nach Deutschland war Xi in Peking mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud zusammengetroffen. Dabei lud er auch Saudi-Arabien ein, sich am Aufbau der „Seidenstraße“ und der „maritimen Seidenstraße“ zu beteiligen. Zwei Tage später weilte der Außenminister von Kasachstan, ebenfalls ein wichtiges Land an der Seidenstraße, zu Gesprächen über eine Mitarbeit in Peking. Zustimmende Signale kommen auch vom afghanischen Präsidenten Karzai.

Ein Anfang ist übrigens längst gemacht – 2011 eröffnete China die Eisenbahnverbindung Chongqing– Xinjiang–Duisburg. 2013 begann der Verkehr auf der direkten Eisenbahn-Transportroute Chengdu-Lodz (Polen), die über Kasachstan, Rußland und Weißrußland führt. Der wirtschaftliche Nutzen von Eisenbahnverbindungen gegenüber dem Seetransport von chinesischen Häfen nach Europa oder gegenüber der Luftfracht ist enorm. Der chinesisch-europäische Eisenbahntransport ist wesentlich schneller als der Seetransport, der 40 bis 50 Tage braucht, zudem ist er deutlich preisgünstiger als der Luftweg.

Nun bleibt abzuwarten, ob die Bundeskanzlerin den Ball aufnimmt – oder erst auf Anweisungen aus Washington wartet…

Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.

Foto: Das Kernstück der Seidenstraße im Mittelalter (Wikipedia.org)

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